Archiv der Kategorie: Berichte

Gründung der Bochumer Initiative Polizeibeobachtung

Die diesjährigen Repressionen und offenen Angriffe der Polizei auf die antifaschistische und antirassistische Szene in Bochum stellten eine neue Dimension dar.
Neben Ermittlungen gegen 468 Antifaschist*innen, die laut Pressemitteilung des Bochumer Bündnisses gegen Rechts größtenteils bereits wieder eingesetellt wurden, weil sie zum Beispiel nicht haltbar waren und mindestens 50 verletzten allein am 1. Mai, darunter einem Armbruch, steht besonders die durch brutale Polizeigewalt verhinderte antirassistische Demonstration am 19. Juni in der Kritik. Diese Vorkommnisse wurden bereits auf unserem blog dokumentiert.

Als Reaktion auf all diese Vorkommnisse, die nichts anderes als den Versuch darstellen, den antifaschistischen Widerstand im Keim zu ersticken, reagieren nun antifaschistische, antirassistische und bürgerliche Linke mit der Gründung der Initiative Polizeibeobachtung, deren Ankündigungstext wir hier im folgenden zitieren:

„ZEIT HINZUSEHEN
GRÜNDUNG DER BOCHUMER INITIATIVE POLIZEIBEOBACHTUNG

Bochum, eine alte verrußte Ruhrgebietsstadt, in der die Sonne
verstaubt, das Herzen am linken Fleck ist und in der es nach
althergebrachter SPD-Politik riecht, lieben wir, dieses Bild tragen wir
gerne klischeehaft nach außen.
Im Laufe dieses Jahres ist es jedoch genau hier in Bochum bei
Kundgebungen der rechten Szene zu massiven Übergriffen durch die
Polizei in Richtung aller Menschen, die dagegen protestiert haben,
gekommen. Das „Bochumer Bündnis gegen Rechts“ überschüttet seit
vielen Jahren solche Veranstaltungen angewidert mit Spott und Protest;
das müssen in einem Rechtsstaat auch Neonazis aushalten und davor
benötigen sie unserer Auffassung nach auch keinen Polizeischutz.
Das Ausmaß und die Gewaltförmigkeit der Polizeieinsätze in Bochum am
01. Mai 2016 und am 19.06.2016 jedoch haben uns erschreckt.
Das Aufgebot der Polizei war immens. Vom Hamburger Gitter bis zum
Wasserwerfer, von der Hunde- bis zur Reiterstaffel wurde alles
aufgefahren, was beeindrucken und repressiv eingesetzt werden kann. Um
Weg und Kundgebungsort der Rechten freizuhalten, wurde offensichtlich
bewusst auf eskalierende Strategien gesetzt.
Bitter ist es, miterleben zu müssen, dass sich Neonazis und Polizei als
Opfer von nicht stattgefundenen Angriffen gerieren, während junge
Leute, die zum ersten Mal ihre Rolle als Souverän dieses Staates
wahrnehmen und öffentlich ihre Meinung kundtun, von denen, deren
Aufgabe es sein soll, genau das, die freie Meinungsäußerung, zu
gewährleisten, angegriffen, geschlagen, stundenlang in einem ‚Kessel‘
gefangen genommen und zu Straftätern gemacht werden.
Inzwischen nimmt das traurige Nachspiel Fahrt auf und die Betroffenen
sollen durch Vorladungen als Beschuldigte und Ankündigungen von
Strafverfahren weiter eingeschüchtert werden.
Wir sehen uns aufgefordert, das Verhalten der Polizei in Zukunft zu
beobachten und Polizeigewalt und -willkür zu dokumentieren, öffentlich
anzuprangern und gegebenenfalls zur Anzeige zu bringen.
Aktiver, bunter Protest gegen Rechts muss in Bochum weiter möglich
sein, ohne dass Menschen demoralisiert und kriminalisiert werden.

Die Initiative bereitet eine erste Veranstaltung vor mit Elke Steven vom
Komitee für Grundrechte und Demokratie.
Am Montag, den 19. 12. um 19 Uhr
Bei ver.di, Univeritätsstraße 76.
Die ausführliche Einladung folgt.

Kontaktaufnahme zur Initiative ist möglich über bip@bo-alternativ.de“

Eine antifaschistische Antwort auf die Zukunft der Trumpisten

Unsere Genoss*innen der New York City Antifa haben einen sehr guten Text zur momentanen und zukünftigen lage der USA verfasst, in dem sie auch praktische Tipps geben, um in Zukunft eine solidarische und handlungsfähige antifaschistische und antirassistische Linke zu organisieren.

Der informative Text ist auch für die antifaschistische Bewegung hier von Nützlichkeit, sodass hier die deutsche Übersetzung zur Verfügung gestellt wird

NYC Antifa

Eine antifaschistische Antwort auf die Zukunft der Trumpisten

Die schockierende Wahl des rechtspopulistischen Milliardärs Donald Trump hat zu einer Flut von Analysen, Fingerzeigen und Verzweiflung in der linken Szene geführt. Allerdings besteht in den kommenden Jahren ein dringender pragmatischer Handlungsbedarf.

Wir müssen gegen eine Zukunft kämpfen, an der Trump und sein Schreckenskabinett arbeiten: steigende Zahlen an Abschiebungen, die Registrierung von Menschen muslimischen Glaubens, das Verbot von Abtreibungen und Geburtenkontrolle, Attacken an LGBTIQ* Menschen, antisemitischer Populismus und die neu gewonnene Wahlkoalition des amerikanischen weißen Nationalismus. Bevor Trump Obamas Abschiebungs- und Sicherheitspolitik erweitert, müssen wir eine selbstorganisierte Gegenmacht aufbauen, mit einem neuen Engagement für unsere Genoss*innen, Nachbarn und Kolleg*innen.

Trumps Wahl führte unlängst zu einer Welle rassistischer Attacken überall in den Vereinigten Staaten und wir rufen jede*n auf, sich diesen Attacken – und was sonst noch kommen mag – mit unterschiedlichsten Taktiken und Aktionen entgegenzustellen. Hier eine Aufzählung, wie wir bereits begonne haben, uns zu organisieren. Wir rufen Euch alle auf, das Gleiche zu tun:

Organisiert antifaschistische Gruppen

Wartet nicht darauf, bis bereits etablierte Gruppen zu öffentlichen Treffen aufrufen, setzt schon heute etwas mit euren Freund*innen in Bewegung. Überall im Land stiegt das Interesse, sich in lokalen Antifa-Strukturen zu organisieren.
Für den Start Eurer Gruppen empfehlen wir den Antifascist Network‘s primer genau so wie diesen Artikel: Ressourcen für Antifas, natürlich auch für alle anderen Interessierten.
Eure Gruppen können sich außerdem in anderen Teilen der Widerstandsbewegung partizipieren, an den antiautoritären Blöcke auf Demonstrationen teilnehmen und gegen Unterdrückung und Repression der Bewegung eintreten.

Solidarität und Schnell-Reaktions-Netzwerke

Vor der Wahl organisierten sich Kollektive in verschiedenen Städten zur Unterstützung von Menschen, die sich mit ausbeuterischen Bossen und Slumlords auseinandersetzten. Durch größere Beteiligung

könnten diese Netzwerke auch in einer Trump-Welt zunehmend lebensfähig sein. In New York organisiert das Rapid Response Network die Zusammenarbeit mit Immigrant*innen, um die hinterhältigen Machenschaften der US Einwanderungsbehörden zu vereiteln. Außerdem etablieren das Community Action Team NYC (CATNYC), und Neighborhood Anti-Racist Trainigseinheiten in der Kuwasi Balagooon Liberation School, um auf rassistische Attacken zu reagieren.

Eine andere Taktik ist das New Sanctuary Movement, das Räumlichkeiten für diejenigen Menschen, die ihre Abschiebung befürchten müssen, bereitstellen, in denen sie sich verstecken können, während das weitere Vorgehen geplant wird.
Viele autonome Räume werden momentan solche Schutzräume und ihr könnt in Eurer Umgebung weitere solcher Räume schaffen.

Den Propaganda-Krieg gewinnen

Zu lange wurden die Straßen von Werbung und unpolitischer Street Art dominiert. Wir müssen Sticker, Poster und Graffitis produzieren, um unserer Anwesenheit Ausdruck zu verschaffen; auch müssen wir den landesweit auftretenden rassistischen und faschistischen Schmierereien etwas entgegensetzen. Die drei Pfeile des Antifaschistischen Freundeskreises wurden für genau diesen Zweck entwickelt und wir würden dieses Motiv gerne als Symbol unseres Widerstandes etablieren.
Wir werden nicht zulassen, dass sich organisierte weiße Nationalisten offen auf den Straßen von New York engagieren und organisieren.

Märsche, Demonstrationen, Walk-outs und Streiks

In den Tagen nach der Wahl nahmen tausende Menschen an zahlreichen Protesten teil die sich spontan im ganzen Land formierten. Antifaschist*innen müssen diese Präsenz auf den Straßen weiter ausweiten, sie müssen ihre militanten Taktiken, die sie von vergangenen Widerstandsbewegungen lernten, wie das Lahmlegen der Stadt der Antikriegs-Bewegung, den massiven „Tag ohne Latinos“ Generalstreik von 2006, die Platzbesetzungen von Occupy und die völligen Blockaden der Infrastruktur von Black Lives Matter und #NoDAPL wieder aufleben lassen. Wir müssen uns außerdem dort organisieren, wo Politik zu lange ein unliebsames Thema war, wie beispielsweise unsere Schulen und Arbeitsplätze. Wir müssen die Wut, die diese Wahl in uns hervorgerufen hat, nutzen, um diese ganze Scheiße zu beenden.

Entlarvt die Faschisten

Die überwiegende Mehrheit der organisierten weißen Nationalisten und Faschisten sind auch nach der Wahl Trumps Feiglinge, die ihre Ansichten nur anonym mit andere Faschisten teilen.
Das ist der Grund, aus dem der KKK sich selbst unter ihren Umhängen versteckt und die Alt Right Trolle anonyme Nachrichtenforen nutzen und haufenweise anonyme Twitter-Accounts erstellen.  Trotz all dieser Versuche machen sie oft Fehler und verteilen ihre persönlichen Informationen. Beobachtet ihre Foren und Social-Media Accounts und dokumentiert jedwede Information, die ihr über sie findet. Stellt die Informationen euren lokalen Antifa Gruppen zur Verfügung, startet eure eigenen Blogs oder outet sie durch Flugblattaktionen in ihrer Nachbarschaft, ihren Arbeitsplätzen und Schulen, zwingt sie aus ihrer Deckung heraus.

Spendet

Der Widerstand muss sich gegen die ganze Macht des Staates behaupten und braucht daher auch finanzielle Unterstützung. Spendet selbst oder organisiert Spendenaktionen. Hier einige Empfehlungen, welche Gruppen eure Spenden gut gebrauchen können:
Anarchist Black Cross Federation
The Just Info Hotline
The Base
The International Anti-Fascist Defence Fund
It‘s Going Down News
Queer Detainee Empowerment Project
Hoods for Justice

In den kommenden Tagen werden wir Informationen über regionale faschistische und Alt-Right / White Nationalists freigeben. Bitte sendet uns Tipps und Infos: nycantifascistaction@gmail.com oder fascismwatchnyc@gmail.com

No Pasaran!
Bis Alle frei sind!

Mehr Infos zur aktuellen Lage in den USA, unter anderem die ersten angekündigten Outings, findet ihr auf dem Blog der NYC Antifa oder bei Twitter unter @NYCAntifa

Kritische Stellungnahme zur antirassistischen Demo des „Es reicht“-Bündnisses

Am nächsten Samstag, den 24.9. wird es in Dortmund eine antifaschistische Demo unter dem Motto “Es reicht! Rechte Gewalt stoppen” geben. Diese Demonstration ist eine Reaktion auf die zunehmenden gewalttätigen Übergriffe seitens der Dortmunder Naziszene in der letzten Zeit.
Es steht nicht zur Diskussion, dass wir das Anliegen der Demonstration teilen und uns mit den Betroffenen von rechter Gewalt solidarisch erklären. Wir unterstützen den Aufruf der Dortmunder Genoss*Innen der Autonomen Antifa 170, den wir unten dokumentieren
Dennoch wollen wir als Antifaschistische Aktion Bochum selbst auch Fragwürdigkeiten an der Kampagne ansprechen und kritisieren: Hervorzuheben ist hier der offene Brief der Antifa Union Dortmund¹, obwohl wir selbst Teile dieser Kritik so nicht unterschreiben würden.
Wie schon bei unseren Genoss*innen der Antifa Union Dortmund und dem AK Antifa Hagen⁵ zu lesen war, ist auch der Auftritt der Band Grup Yorum nicht tolerierbar, da die Gruppe militaristische, nationalistische und antisemitische Texte und Positionen verbreitet. Auf diesen antisemitischen Auftritt haben wir keine Lust und werden ihm auch nicht beiwohnen.
Zu den Unterzeichner*innen des Aufrufs gehören neben antifaschistischen und antirassistischen Gruppen auch fragwürdige Parteien und Gruppierungen. Zu nennen sind zum Beispiel die MLPD, eine Polit-Sekte mit maoistisch-stalinistischer Färbung. Die Verherrlichung von Massenmorden unter stalinistischer Herrschaft wird von ihren Mitgliedern ebenso betrieben wie die Leugnung eines gefährlichen linken Antisemitismus. Sämtliche Kritik am Stalinismus oder anderer Staaten, die den so genannten “real existierenden Sozialismus” propagierten, wird als “Antikommunismus” niedergeschrien. Bei Auseinandersetzungen mit dem angeblichen innerlinken Feind, und hierunter versteht die MLPD sämtliche progressiven und emanzipatorischen Kräfte innerhalb der radikalen Linken kommt es nicht selten zur Anwendung von Gewalt, so geschehen beispielsweise anlässlich einer antirassistischen Demonstration im November 2015 in Witten, als sich einige Antifaschist*innen weigerten, das stalinistische Propagandaorgan Rote Fahne zu kaufen.
Auch die Unterzeichnung durch die Linksjugend [’solid] NRW und des von ihr mitgetragenen Arbeitskreises Revolutionäre Linke ist zu kritisieren. Sowohl eine antisemitische Demonstration, die in Angriffen auf Menschen, welche eine Demonstration gegen Antisemitismus unterstützten, gipfelte und in deren Anschluss ein geplanter Anschlag gegen die Essener Synagoge nur knapp vereitelt werden konnte² wurde von ihnen organisiert. Auch die Forderung nach einer Intifada durch Teile der [’solid]-Bochum³, die Mitglied im BAK RL sind, ist nicht haltbar und muss bekämpft werden. Auf ihrem Blog, auf dem sie auch vor Ageism und Lookism keinen Halt machen, stehen sie offen zu diesen Dingen.⁴ Darüber hinaus wurde bereits von der Autonomen Antifa 170 zurecht darauf hingewiesen, dass bei der ersten spontanen Demonstration gegen des “Es-Reicht”- Bündnisses mit Niema Movassat, der Anmelder der eskalierten antiisraelischen Demo eine Rede hielt, was untragbar ist.⁵
Der Widerstand gegen rassistische Gewalt darf unserer Meinung nach nicht bei nazistischer Gewalt Halt machen, auch antisemitische Gewalt kann und darf nicht toleriert werden.

Wir als Antifaschistische Aktion Bochum schließen uns daher dem Aufruf der AA170 an, um eigene, antifaschistische Positionen auf der Demonstration deutlich zu machen.
Deshalb rufen wir zu einem offenen Anreisetreffpunkt auf:
12.15 Uhr am Buddenbergplatz hinter dem Bochumer Hauptbahnhof.

Wir verstehen, dass es, gerade bei Aktionen gegen Nazis und rechtes Gedankengut, manchmal notwendig ist, schwierige Büdnisse einzugehen. Wenn aber militaristische, nationalistische oder gar antisemitische Inhalte zu vernehmen sind oder toleriert werden sehen wir es nicht ein, eine solche Plattform zu unterstützen. Bei solcherlei Vorkommnissen halten wir es wie unsere Hagener Genoss*innen und werden die Demonstration verlassen.⁶
Es ist leider abzusehen, dass es noch genug Anlässe gibt, auf denen wir zeigen können, was wir von der Dortmunder Naziszene halten. Dann werden wir auch kommen, wenn es keinen Platz auf einem Bündnisplakat gibt.

Gegen Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus!
Antifaschistische Aktion Bochum

1) http://antifaunion.blogsport.de/2016/09/18/offener-brief-zum-auftritt-der-band-grup-yorum-auf-der-es-reicht-demonstration-5/
2) http://www.tagesspiegel.de/politik/demonstration-gegen-gaza-krieg-in-essen-linke-umgibt-sich-mit-antisemiten/10223820.html
3) https://pbs.twimg.com/media/Cdc50gxXIAE8JvK.jpg:large
4) http://solidbochum.blogimnetz.de/
5) https://aa170.noblogs.org/post/2016/08/20/kraftvolle-demonstration-gegen-rechte-gewalt-in-dortmund/
6) http://akantifahagen.blogsport.eu/2016/09/19/ein-paar-worte-zur-es-reicht-demo-am-24-09-16-in-dortmund/“

Rechte Gewalt in Dortmund: Keine neue Qualität, sondern eine kontinuierliche Erscheinungsform

In Dortmund häufen sich erneut rechtsmotivierte Übergriffe auf Linke und Menschen, die nicht in das Weltbild der Rechtsradikalen passen.
Den traurigen Höhepunkt fand die Gewalt in einem Messerangriff auf einen Antifaschisten am 14. August 2016.

we hate Dortmund

Was geschah in den letzten Wochen?
Bereits am 31. Juli griffen aggressive Faschos der Partei Die Rechte auf der Rückreise aus Köln Antifaschisten am Zugbahnhof an. Ein Tag nach der gewalttätigen Auseinandersetzung kam es in Dorstfeld zu Flaschenwürfen auf zwei Menschen, die von den Nazis augenscheinlich dem linken Spektrum zugeordnet wurden. Michael Brück und Christoph Drewer, zwei führende Köpfe der rassistischen Partei in Dortmund, sollen laut den Betroffenen an dem Angriff beteiligt gewesen sein.

Einem Genossen, der bereits bei diesem Vorfall angegriffen wurde, lauerten am 14. August mehrere vermummte Personen vor seiner Haustür auf, traten ihn nieder und stachen mit einem Messer zu. Dem Angegriffenen gelang es trotz einer Stichverletzung im Bauchbereich zu flüchten. Nach der Erstversorgung der Wunden im Krankenhaus wurde Anzeige bei der Polizei in Dortmund erstattet.
Dass dies alles keine Einzelfälle sind, erwies sich kaum einen Monat später am 11. September. An der Haltestelle Wittener Straße in Dorstfeld kam es erneut zu einer Auseinandersetzung, bei der ein 17-jähriger und eine ihm zu Hilfe eilende Person von einer Personengruppe bedroht und bespuckt wurde. Auch hier trifft die Täterbeschreibung sehr gut auf Christoph Drewer zu, welcher bereits seit Jahren durch sehr aggressives Verhalten auffällt und eine Haftstrafe zu erwarten hat. In den Morgenstunden desselben Tags ereignete sich ein ähnlicher Vorfall auf dem Wilhelmsplatz in Dortmund Dorstfeld, bei dem zwei Jugendliche von einer mehrköpfigen Gruppe angegangen wurden. Nach der Frage, ob sie etwas gegen Nazis hätten, wurde Pfefferspray gesprüht. Die Dortmunder Nazis stellten es auf ihrem Blog so dar, als ob Gutmenschen aus Dortmund ihnen Gewalttaten anhängen wollten. Andererseits verkündeten sie im selben Artikel, dass Dorstfeld bekanntlich kein Zuckerschlecken für “Linke” sei.

Die genannten Vorfälle sind nur eine kleine Auswahl aus den Übergriffen auf Antifast*innen in den letzten Jahren. Obwohl sich die Öffentlichkeit und die Polizei schwer damit tun, jene Überfälle als politisch motivierte Straftaten zu betrachten, sind die jüngsten Vorfälle aus antifaschistischer Perspektive genau das. In der Öffentlichkeit wird, wenn überhaupt, von einer neuen Qualität von rechter Gewalt gesprochen. Betrachtet man allerdings die Aktivität der Rechtsradikalen in den letzten Jahren, wird deutlich, dass kaum eine neue Qualität der Gewalt zu verzeichnen ist, sondern Dortmunds Rechte auf ein Geschichte zurückblicken kann, die Gewalt schon immer als Mittel und Zweck betrachtet hat. Die heutige Situation ist das Ergebnis einer kontinuierlich arbeitenden und auftretenden Naziszene.

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Antirassistische Demo in Bochum durchgeführt

Antira Demo in Bochum Am vergangenen Sonntag, den 04.09., nahmen knapp 150 AntifaschistInnen, AntirassistInnen und Geflüchtete an einer Demonstration in Bochum gegen einen Aufmarsch des PEGIDA Ablegers “Daskut” teil.

Die Demonstration wurde erneut von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet. Bereits vor der Demonstrationen wurden diverse Fahrzeuge der Bereitschaftspolizei, des Wanne-Eickeler Staatschutzes und des Bochumer Einsatztrupp in der Innenstadt gesichtet. Die von Branco Barkic organisierte Kundgebung von Daskut, wurde weitreichend von der Polizei abgesperrt, sodass zwischenzeitlich 30 Polizeifahrzeuge alleine am Kundgebungsort der RassistInnen zu finden waren.

Zeitgleich trafen die ersten DemonsrantInnen am Bergbaumuseum ein, wo die antirassistische Demo beginnen sollte. Auch hier trat die Polizei mit einem großen Aufgebot auf. Nachdem der erste Redebeitrag zu Daskut und dem Selbstbild von Branco Barkic und Dorothea Meyer vorgetragen wurde, startete die Demonstration mit ca. 150 Menschen in Richtung Innenstadt. Nachdem am Bochumer Kuhhirten in Sichtweite von Daskut eine Rede zu Asyl in Deutschland und Europa gehalten wurde, wurde spontan arabische Musik abgespielt und ein Teil der Demonstration begann zusammen trotz leichtem Regen zu tanzen.

Die Stimmung war in dem Moment einfach unbeschreibbar. AktivistInnen, Geflüchtete und Kinder machten deutlich, dass durch die Entstehung des Regugee Strikes Bochum die Isolation im Kleinen aufgehoben wurde und ein positiver Austausch stattfindet. Die Demo zog dann sehr gut gestimmt weiter Richtung Dr. Ruhr Platz, an dessen Mündung die Demo dann gestoppt wurde. Ein letzter Redebeitrag folgte zu den Geschehenissen während des letztens Besuchs von Daskut und zu Polizeigewalt im Allgemeinen. Nach einer erneuten Tanzeinlage löste sich die Demonstration gegen 20:00Uhr auf. Da die Polizei keinen direkten Protest in Sichtweite zuließ, entschloss sich ein Großteil der Demonstration die Heimreise anzutreten.

Daskut selbst verblieb bis ca. 20.30Uhr. Dort wurden Redebeiträge unter anderem von Dominik Horst Roeseler (ProNRW/HoGeSa), Branco Barkic, Ariane Meise (NPD) und Holm Teichert (ProNRW) vorgetragen. Musikalisch wurde die Kundgebung der RassistInnen durch Patrick Ville Killat aka. A3estus aka Villain051 aus Berlin unterstützt. Dabei habe dieser mit Aussagen wie “ich zerficke seit 15 Jahren das Rapgame” geglänzt. Bei den Meisten hat es wohl eher Fremdscham hervorgerufen.

Mit 20 Personen ist die Kundgebung von Daskut relativ klein ausgefallen, was dennoch doppelt so viele Teilnehmende im Vergleich zum letzten Mal bedeutet. Leider haben wir auch die Einschätzung, dass es nicht die letzte Veranstaltung in Bochum von Pegida/Daskut gewesen sein wird. Nun liegt es an uns Bochumer AntifaschistInnen passende Strategien und Vorgehensweisen zu entwickeln, um an Sonntagen wieder Ruhe haben zu können. Für uns steht fest, dass es in Bochum einzig an der Person Branco Barkic liegt, die als Initiator die Daskut Kundgebungen organisiert hat. Eine Gruppe oder ein Netzwerk steht nicht als Organisation hinter Daskut, sondern eine in der rechten Szene gut vernetzte Einzelperson. Weiterhin kann festgehalten werden, dass diesmal auch HoGeSa und Gemeinsam Stark Klientel vor Ort waren. Diese sind aber nur durch das Zeigen ihres Gesäß, der Wampe oder durch regelmäßige Gänge zum Kiosk aufgefallen.
Nach der Kundgebung beklagte Dominik Roeseler, dass sein Fahrzeug in Bochum durch feige AntifaschistInnen beschädigt wurde.
An dieser Stelle sprechen wir Grüße an die feigen AntifaschistInnen aus!

Als Fazit können wir ziehen, dass es wirklich eine gelungene kleine Demonstration war. Die Teilnahme von Refugees war recht hoch, da im Vorfeld noch ein Picknick von Geflüchteten und Bochumer AntirassistInnen stattfand. Die Stimmung war sehr entspannt und positiv. Bezüglich der massiv auftretenden Polizei müssen wir als Bochumer AntifaschistInnen uns ebenfalls gemeinsame Vorgehensweisen überlegen.
Es kann nicht sein, dass wir uns dermaßen von der Polizei abdrängen lassen und ein direkter Protest nicht mehr möglich ist.

Antifaschistische Linke Bochum,
September 2016

Weitere Bilder auf Indymedia Linksunten

In eigener Sache: Antifa ist mehr!

Eine gemeinsame Erklärung der Antifaschistischen Aktion Bochum, Antifa Essen Z, Antifa Oberhausen und Crème Critique (Duisburg) zu den Antifa-Aktionen am 1. Mai 2016 in Bochum und am 4. Juni 2016 gegen den Tag der deutschen Zukunft in Dortmund.

In den vergangenen Monaten sind sowohl am 01.05. als auch am 04.06. erfreulicherweise bis zu 200 Antifas aus dem westlichen Ruhrgebiet zusammen mit uns nach Bochum bzw. Dortmund gefahren, um die dortigen Naziaufmärsche zu verhindern. Leider, aufgrund der Polizeitaktik, relativ erfolglos. Wir haben als Antifa-Gruppen, die die gemeinsame Anreise organisiert haben, vor allem den ereignisreichen Tag in Dortmund kritisch reflektiert und wollen nun unsere Erkenntnisse und Wünsche mit euch teilen, um zukünftige Protestaktionen zielführender zu gestalten.

„Naziaufmärsche verhindern“ – Für uns nicht nur eine Floskel

Wenn ein Naziaufmarsch ansteht und wir zu Gegenaktivitäten aufrufen, ist es unser Ziel, diesen zu verhindern oder zumindest so viel wie möglich zu sabotieren und zu behindern. Von symbolischem Protest an der Route und „Bratwurst essen gegen Rechts“ halten wir wenig, wenn Nazis ihre menschenverachtende Ideologie als Propaganda auf die Straße tragen.

Selbstverständlich versuchen wir alle mitreisenden Antifaschist*innen nicht in unangenehme und strafrechtlich relevante Situation zu bringen. Allerdings können wir solche Situationen auch nicht ausschließen, wenn wir versuchen, einen Naziaufmarsch z.B. durch Sitzblockaden zu verhindern.

Wenn es zu solchen Blockaden oder anderen potentiell brenzligen Situationen mit der Polizei kommt, wünschen wir uns ein solidarisches Verhalten innerhalb der Gruppe. Das heißt, wir bleiben zusammen und lassen nicht die vorderen Reihen, die sich am nächsten an der Polizei befinden, alleine. Wir erwarten von den mitfahrenden Personen, dass sie sich bereits im Vorfeld darüber im Klaren sind, wie weit sie gehen möchten und sich auf den Tag vorbereitet haben. Wir fordern keine Selbstverpflichtung, immer bis zum Äußersten zu gehen, sich von der Polizei einkassieren zu lassen oder auch “für die Sache” grundsätzlich Strafanzeigen in Kauf nehmen zu müssen. Eine grundsätzliche Bereitschaft, eine Sitzblockade bis zum Ende durchzuhalten und sich nicht von der Polizei einschüchtern zu lassen, ist für uns aber schon notwendig, um ernsthaft dem Ziel, den Nazis den Tag zu versauen, näher zu kommen.

Die Cops sind nicht unsere Freunde

Die Polizei versucht, mit all ihren Mitteln antifaschistischen Gegenprotest an der Nähe der Nazi-Route zu verhindern. Neben ihrem gewaltbereiten Auftreten schaffen sie dies vor allem durch die Einschüchterung von Antifaschist*innen, indem sie repressive Maßnahmen durchführen. Wir versuchen uns aber davon so wenig wie möglich in unserem Handeln einschränken zu lassen. Bei Sitzblockaden handelt es sich in den allermeisten Fällen um eine Ordnungswidrigkeit des zivilen Ungehorsams, vergleichbar mit dem Anbringen von Aufklebern, und nicht um eine Straftat – auch wenn die Polizei dies gerne mal behauptet. Es gibt deshalb keinen Grund, schon bei der ersten Räumungsandrohung der Polizei in Panik zu verfallen. Stattdessen solltet Ihr in Ruhe die Durchsagen und Hinweise der Finger-Orga abwarten. Bitte achtet außerdem darauf, euch in Gegenwart von Polizist*innen möglichst unauffällig zu verhalten und die Gespräche mit euren Freund*innen nur leise zu führen. Die Polizei muss nicht wissen, was wir uns zu sagen haben. Das geht sie erstens nichts an und gefährdet zweitens unsere Strukturen.

Wir lassen niemanden alleine

Hat unser Plan mal nicht funktioniert und finden wir uns in einem Polizeikessel oder der Gefangenensammelstelle (GeSa) wieder, ist auch dies kein Grund die Ruhe zu verlieren. Beachtet die Tipps der Roten Hilfe und meldet euch nach eurer Freilassung bei eurer lokalen Roten Hilfe und/oder Antifa-Struktur. Dann schauen wir gemeinsam, wie wir mit der Repression umgehen, Geld sammeln können und welchen anwaltliche Hilfe wir nehmen. So wie es aktuell auch nach dem Kessel in Bochum am 01.05. passiert.

In diesem Sinne: Antifa ist mehr – „Naziaufmärsche verhindern“ nicht zur Floskel werden lassen!

Nachbetrachtung zur Polizeigewalt am 19. Juni

Die Antifaschistische Aktion Bochum hat einen Text zu den massiven Polizeiübergriffen am 19. gegen Bochumer Antifaschist*innen und Bürger*innen veröffentlicht:

Am Sonntag, den 19.06.2016 sollte in Bochum eine antirassistische Demonstration zusammen mit Geflüchteten stattfinden. Diese musste leider aufgrund eines unverhältnismäßigen Polizeieinsatzes abgesagt werden, da für die Sicherheit der Teilnehmer*innen nicht mehr gesorgt war.

Mensch fragt sich, was an diesem Sonntag eigentlich in Bochum los war. Tags zuvor hatten noch bis zu 8.000 Bochumer*innen friedlich gegen Rassismus protestiert und durch Menschenketten ihre Solidarität mit Geflüchteten und von Rassismus Betroffenen gezeigt. Von polizeilichen Einsatzkräften war hier vergleichsweise wenig zu sehen; teilweise so wenig, dass Abschnitte der Menschenkette nicht ordentlich abgeschirmt wurden, sodass weiterhin Fahrzeuge über die Strecke fuhren. Trotzdem war der Tag mit anschließendem Demozug zum Rathausplatz und dem dortigen interkulturellem Friedensfest ein Erfolg. Zwar ist uns bewusst, dass Menschenketten bestenfalls symbolischen Charakter besitzen, trotzdem halten wir es für wichtig, zusammen mit Geflüchteten ein Zeichen der Solidarität zu setzen und freuen uns über die vielen Menschen, die an diesem Tag auf der Straße waren. Dennoch ist es bedauerlich, dass am Sonntag nur ein Bruchteil der Teilnehmer*innen der Menschenkette an der geplanten AntiRa-Demonstration teilnehmen wollten. Antirassismus ist ein alltäglicher Kampf, der nicht allein mit Händchenhalten ausgefochten werden kann.

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Polizei verschickt Vorladungen an Gekesselte vom 1.Mai – Unser Tipp: “Bitte sagen Sie jetzt nichts”

aussageverweigerungAm 01.Mai gingen viele Bochumer*innen gegen den Naziaufmarsch der NPD auf die Straße – entschlossen, die Rassist*innen zu blockieren. Die Polizei allerdings hatte was dagegen und kesselte am Nachmittag ca. 250 Menschen im Bermudadreieck ein, damit die Nazis ungehindert durch die Bochumer Innenstadt laufen konnten.

Nun haben sich die ersten Betroffenen gemeldet und berichtet, dass Sie Vorladungen wegen versuchter gefährlichter Körperverletzung erhalten haben. Die Antirepressionsgruppe empfiehlt in Zusammenarbeit mit der Roten Hilfe Ortsgruppe Bochum-Dortmund, nicht zu solchen Vorladungen hin zu gehen. Als Beschuldigte*r gilt es, vom Recht der Aussageverweigerung Gebrauch zu machen. Jede Aussage bei der Polizei, insbesondere ohne Kenntnisse über die Aktenlage, kann die Lage nur verschlimmern.

Hat Euer Fall schon ein Aktenzeichen, so raten wir dringend, sich eine anwaltliche Unterstützung zu suchen, die dann Akteneinsicht beantragt. So könnt Ihr erst einmal schauen, was gegen Euch vorliegen soll. Das weitere Vorgehen könnt Ihr dann mit Eurer Anwältin besprechen. Bei der Roten Hilfe Bochum-Dortmund könnt ihr nach Anwält*innen fragen, die sich mit Demogeschehen und anschließender Repression auskennen. Die Ortsgruppe der Roten Hilfe lädt alle Betroffenen, die zu den juristischen Sachen noch Fragen haben, in ihre nächste Sprechstunde am 11.07.2016 um 19.30 Uhr ins Soziale Zentrum Bochum ein.

Weitere Informationen zum Thema Aussageverweigerung findet Ihr in dieser Broschüre der Roten Hilfe e.V.

Der 1. Mai in Bochum – Einschätzung zum Wochenende

Am 1. Mai marschierten ca. 180-250 Nazis dank eines massiven Polizeiaufgebots durch Bochums Innenstadt. Trotz verschiedener Protestformen und zahlreichen Durchbruchsversuchen, gelang es leider nicht den Naziaufmarsch zu verhindern. Hier folgt nun unsere recht späte Einschätzung zum 1. Mai Wochenende.

Im Vorfeld

1. Mai Nazifrei - Keine Nazis aufs Bochums Straßen!

Am 02.04. kündigt Claus Cremer(Landesvorsitzender NPD-NRW) an, am 1. Mai in Bochum aufmarschieren zu wollen. Zunächst wollte dies niemand so recht wahr haben. Ein Naziaufmarsch in Bochum? Wann hat es dies das letzte mal gegeben? Im Jahre 2008 marschierte die NPD im Rahmen ihrer Kampagne “Ausländerstopp” mit rund 150 Nazis durchs bescheidene Ehrenfeld. Schon damals formierte sich Protest gegen den Naziaufmarsch. Ein Bündnis lokaler und regionale Antifagruppen rief zur Gegendemonstration auf. Bereits 2008 sperrte die Bochumer Polizei die Naziroute so massiv ab, dass nicht einmal Anwohner*innen die Absperrungen passieren konnte.

Nun gut, zurück in die Zukunft. Mehrere linksradikale und antifaschistische Gruppen riefen innerhalb einer Woche den Aktionstag gegen den Naziaufmarsch aus. Eine Vorabenddemo sollte diesen sowohl einläuten, als auch eigene Inhalte kund zu tun, da man sich den 1. Mai nicht von den Nazis nehmen lassen wollte. Die ersten Mobimaterialen waren nach gut anderthalb Wochen da und die Propagandataten nahmen ihren Lauf.

„1.Mai Fäuste frei - Nazis aufs Maul“ Tapete von MLPT

Als eine der schnellsten und wichtigsten Mobiaktionen ist die Tapete der Ultragruppe “Melting Pott” zu bewerten. Sie zeigten den Spruch “1. Mai-Fäuste frei! Nazis aufs Maul!” während des Spiels gegen FSV Frankfurt. Eine klarere und konsequentere Stellungnahme hätte es unserer Meinung nach nicht geben können. Vielen Dank an dieser Stelle!

Im Vorfeld des 1. Mai sind zahlreiche Flugblätter im Bochumer Stadtgebiet verteilt worden. In der Woche vor dem 1. Mai sind zudem zahlreiche Schüler mit Flyern ausgestattet worden. Hinzu kamen einige Aktionen die ebenfalls im Bezug zum 1. Mai standen. Einige Autonome haben sowohl dem NPD-Büro in der Bochumer Innenstadt, als auch dem Nazi Wolf-Dieter Varney in Bochum Langendreer einen Besuch abgestattet. Ein großes “1. Mai-Nazifrei”-Graffiti ist entstanden und ein Transparent mit der Aufschrift “Rassismus ist keine Alternative” sorgte über den Dächern des Bochumer Bermud3Ecks für Aufsehen. Letzteres ist im Beisein von zwei Streifenwagen abgehangen worden.

1. Mai Nazifrei - Eines von mehreren Mobi-Graffitis gegen den NPD-Aufmarsch

Weniger gut hat das Plakatieren funktioniert. Die Mobiplakate hätten mehr geklebt werden müssen. Die beiden Antifa-Café Termine im Vorfeld des 1. Mai waren mit ca. 50 Menschen beide Male sehr gut besucht! Ebenfalls gut besucht war die “Hitler is dead”-Party am 29.04. der Antifaschistischen Aktion Bochum.

Die Vorabenddemo

Am 30.04. veranstaltete das Bochumer Antifa-Bündnis eine revolutionäre Vorabenddemo. Diese diente unter anderem dazu am Tag vor dem Naziaufmarsch auf diesen aufmerksam zu machen und die Einwohner*innen der Stadt dazu aufzurufen sich an den Gegenaktionen zu beteiligen.

Revolutionäre Walpurgisnachtdemo in Bochum gegen Kapitalismus und reaktionäre Ideologien

Die Demo lief vom Hauptbahnhof zunächst in die Alsenstraße, in der die Anarchistische Gruppe Bochum einen Redebeitrag hielt. Danach zog die knapp 400 Menschen umfassende Demo Richtung Schauspielhaus. Dort hielt die Gruppe Kommunistische Praxis und Kritik(Bochum) einen Redebeitrag. Ehe die Demo die nächste Kundgebung am Hans-Ehrenberg Platz erreichte, passierte sie den Wohnort des Alt-NPD Mitglieds Carsten Röhmhild, dessen Wohnhaus von einem Trupp behelmter Hundertschaftscops bewacht wurde. Am Hans-Ehrenberg Platz folgte dann der Redebeitrag der Antifaschistischen Aktion Bochum zur Notwendigkeit des Antifaschismus. Nachdem die Sonne untergegangen war wurde der Nachthimmel von einer gelungenen Pyroaktion erhellt. Von dieser Lichtshow überwältigt und von feinster Musik begleitet, ließ sich zumindest eine Demoteilnehmer*in dazu bewegen ebenfalls eine Wunderkerze zu zünden. Dies sollte jedoch noch nicht das Ende der visuellen Untermalung des Schauspiels sein. An der Kortumstraße angekommen, wurde die Demo von weiteren Lichtspielen begrüßt. Nicht Wedding, nicht Friedrichshain, sondern Bochum!

Pyrotechnik auf der Vorabenddemo am 30. April 2014 in Bochum

Im Bochumer Bermuda3Eck hielt die Antifaschistische Linke Bochum einen kurzen Redebeitrag und berichtete die NPD-Strukturen in Bochum und den 1. Mai. Danach zog die Demo gemütlich Richtung HBF und löste sich dort auf. Letztendlich kann festgehalten werden, dass die Stimmung auf der Demo wirklich gut war. Weiterhin kann die Demo als letzte große Mobiaktion vor dem Naziaufmarsch gesehen werden.

Mayday

Am 1. Mai haben wir als Antifaschist*Innen unser Ziel den Naziaufmarsch zu verhindern nicht erreichen können. Ein massives Polizeiaufgebot, eine kurze Demoroute und nur wenige Zufahrtsstraßen zur Route erschwerten unser Vorhaben.

Negativ bewerten wir zunächst das Ergebnis, dass 180-250 (gibt verschiedene Zählungen) durch Bochum marschieren konnten. Ebenfalls negativ ist, dass das durchschnittliche NPD Mobipotential überstiegen wurde. In der Regel nehmen an solchen Demonstrationen in NRW ca. 150 Nazis teil.

Bochumer Antifaschist*innen im Ehrenfeld

Als Negativhöhepunkt sind neben den rund 50 Verletzten Antifaschist*Innen, die ca. 300 Gewahrsamnahmen zu sehen. Nach einem Versuch die Naziroute über die Kortumstraße zu erreichen, kesselte die Polizei dort einen Großteil der aus dem Autonomen-/Antifa-/Subkulturellen Spektrum kommenden Personen. Diese gilt es im Nachhinein zu unterstützen! Die Demonstranten verweilten einige Stunden in diesem Kessel. Im Kessel befand sich auch ein junger Mensch dem gezielt durch einen Polizisten der Arm gebrochen wurde. Erst nach mehrfacher Aufforderung medizinische Versorgung hinzu zuziehen, ließen die Bullen ihn gehen.

Zum Teil entstand der Eindruck, dass größere Gruppen von Antifas orientierungslos agierten. Dieser Umstand wird im Nachhinein intern analysiert und ausgewertet. Dazu möchten wir uns aber an dieser Stelle nicht öffentlich äußern, da bekanntlich die Damen und Herren des Wanne-Eickler Staatsschutzes mitlesen.

Antifa-Spontandemo auf der Oskar-Hoffmann Straße

Positiv bewerten wird das Potential, was am 1. Mai in Bochum auf der antifaschistischen Seite demonstrierte. Insgesamt waren ca. 2500 Menschen gegen die Nazis auf der Straße wovon rund 700 dem Antifaspektrum zugeordnet werden können. Allein am Bochumer Treffpunkt fanden sich um die 300 Menschen ein, wobei diese Gruppe im Verlauf sogar noch anwuchs. Weiterhin konnte man durchaus erkennen, dass aus dem zuletzt genannten Spektrum viele motiviert waren den Naziaufmarsch zu verhindern. Insgesamt wurden 4 Versuche gezählt auf die Naziroute zu kommen, welche nur mit massiven Pfefferspray- und Schlagstockeinsatz unterbunden werden konnte. An der Ecke Südring/Viktoriastraße wurde zudem mit einer Seilkonstruktion versucht die Absperrgitter der Cops wegzuziehen. An dieser Stelle drohte die Polizei den Gebrauch des Wasserwerfers an. Ebenfalls positiv bewerten wir den Durchbruchversuch an der Luisenstraße der von Antifas, Parteijugenden und Bürgis unternommen wurde. Die Motivation und die Entschlossenheit war da, die Möglichkeiten leider nur sehr gering.

Außerdem gab es ein kleines Sit-In an Oskar-Hoffmannstr/Südring. Dieses sehen wir jedoch als symbolischen Akt an. Unserer Meinung nach hatte die Polizei nicht vor den Naziaufmarsch auf den Buddenbergplatz zu leiten. Wohl eher galt das letzte Stück der Demoroute als strategische Ausweichroute für die Nazis, falls es geschafft worden wäre den Haupteingang des Hauptbahnhofs zu blockieren.

Renitente Proteste an der Ecke Südring/Viktoriastraße

Gegen Ende des Naziaufmarschs wurde eine Polizeiabsperrung in der Rechenerstraße renitent angegangen. Wie bereits oben angemerkt begleitete ein Wasserwerfer den Naziaufmarsch. Da wohl einige Gegenstände die Schwerkraft zu überschreiten wussten, trugen einige Cops ihre Schilder mit sich.

Attenzione Polizia

Die Polizei Bochum verkündete, dass es zu schwersten Ausschreitungen in Bochum gekommen sei, was die Tagesschau dazu bewegte von eben diesen in Berlin, Hamburg und Bochum zu sprechen. Für uns steht fest, dass schwere Ausschreitungen anders aussehen. Es gab zwar Versuche die Nazidemo zu verhindern und vereinzelt auch militantere Aktionsformen, jedoch kann nicht von schwersten Ausschreitungen gesprochen werden.

Polizeikessel am 1. Mai 2016 auf der Kortumstraße im Bochumer Bermuda3eck

Fazit

Wie bereits erwähnt war es kein erfolgreiches Wochenende, jedoch auch kein schlechtes. Dieses Aktionswochenende hat die antifaschistische Vernetzung in Bochum als auch im Ruhrgebiet verstärkt. Es wurden mehrere Akzente gesetzt, dass es Menschen in Bochum und Umgebung gibt, die motiviert sind etwas gegen Nazischweine zu unternehmen. Hinsichtlich des Aktionskonzepts bleibt festzuhalten, dass dies noch Entwicklungspotential aufweist und es nun die Aufgabe sein muss die gemachten Fehler zu analysieren, um beim nächsten Mal besser handeln zu können. Wie weiter oben beschrieben, müssen wir die von Repression betroffenen nun begleiten und die Menschen die unteranderem Schwierigkeiten dabei haben die gemachten Gewalterfahrungen zu verarbeiten unterstützen.

Trotz alledem wird die NPD es bereuen durch Bochum marschiert zu sein!
Antifa heißt weitermachen!

Antifaschistische Linke Bochum,
Mai 2016

Meldet euch beim EA:
earuhr.noblogs.org

Bilder der Nazis unter:
lfa.blogsport.de

Weitere Bilder gibt es auf Indymedia-Linksunten.

Antireprepressionsgruppe zum 1. Mai und „Bochumer Kessel“

Während der Aktionen gegen den Naziaufmarsch in Bochum kam es teilweise zu sehr brutalen Übergriffen der Polizei. Über 300 Menschen wurden über 8 Stunden lang gekesselt. Wie und in welcher Form wir dagegen vorgehen werden steht noch nicht ganz fest.

Keine Aussage bei Polizei und Staatsanwaltschaft

Wir rufen alle, die selbst Opfer von Polizeigewalt- und schikane geworden sind oder welche beobachtet haben dazu auf, Gedächnisprotokolle zu schreiben. Diese sind zum Beispiel für spätere Prozesse hilfreich.

Wenn ihr Verletzungen durch die Polizei erlitten habt, lasst euch darüber ein Attest ausstellen. Für die Betroffenen des „Bochumer Kessels“ und anderen Maßnahme der Polizei hat der Ermittlungsausschuss erste Infos dazu veröffentlicht, was jetzt auf Euch zukommen kann.

Wenn ihr in Zukunft Post von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft erhaltet, wendet euch umgehend an eure lokale Antirepressionsstruktur. Für Bochum ist dies zum Beispiel die Ortsgruppe der Roten Hilfe, die per E-Mail oder aber jeden erstem Montag im Monat ab 19.30 Uhr im Sozialen Zentrum (Josephstr. 2) bei der offenen Sprechstunde ansprechbar ist.

Wenn ihr merkt, dass die Geschehnisse vom 1. Mai euch nicht mehr loslassen oder euch traumatisiert haben, könnt ihr euch an Out of Action wenden. Eine ausführlichere Beschreibung findet ihr hier.

Wenn ihr jetzt bereits fragen oder Hinweise habt, könnt ihr euch bei der Antireprepressionsgruppe zum 1. Mai und dem „Bochume Kessel“ unter antirep_1maibo@riseup.net (PGP) melden.


Siehe hierzu auch die Pressemitteilung der Antireprepressionsgruppe vom 04.05.2016:

300 Ingewahrsamnahmen, 50 Verletzte, 1 gebrochener Arm
– Antirepressionsgruppe zieht Bilanz zum Polizeieinsatz am 1. Mai

Nach und nach kommt das volle Ausmaß der Polizeigewalt am 1. Mai in Bochum zu Tage. Rund 50 Verletzte sind auf Seite der Gegendemonstrant*innen zu verzeichnen. Dies geht aus einem Bericht der Antirepressionsgruppe zum 1. Mai und dem „Bochumer Kessel“ hervor.

Bereits bei der Anreise von Nazigegner*innen am Hauptbahnhof zeichnete sich die Polizei durch brutale Attacken aus. Wer den Bahnhof Richtung Gegenkundgebungen/Hauptausgang verlassen wollte, wurde von behelmten Einsatzkräften großzügig mit Pfefferspray eingedeckt. Der Kampfstoff, welcher laut Genfer Konvention im Kriegseinsatz verboten ist, wird zunehmend im Alltag von der Polizei eingesetzt und ist alles andere als harmlos. Der Wirkstoff Oleoresin Capsicum sorgt nicht nur für vorübergehende Atemstörungen sondern kann die Hornhaut dauerhaft schädigen und insbesondere für Asthmatiker lebensbedrohlich sein.

In der Haltestelle Oskar-Hoffmann Straße wurde eine komplette U-Bahn fast eine Stunde lang aufgehalten, nur weil Gegendemonstrant*innen ihr Demonstrationsrecht wahrnehmen und zu einer angemeldeten Kundgebung in der Innenstadt fahren wollten.

Über die Kortumstraße versuchten mehrere hundert Menschen friedlich aber entschlossen in Richtung Naziroute zu gelangen. Die Polizei reagierte auch hier mit äußerster Brutalität. Demonstrant*innen wurden von Polizist*innen mit Pfefferspray, Tritten und Schlagstöcken traktiert. Einer Person wurde durch einen gezielten Tonfaschlag der Arm gebrochen. Sie musste im Krankenhaus behandelt werden.

Als sei dies nicht genug, wurden die Menschen auf der Kortumstraße, darunter viele Bochumer Schüler*innen und Minderjährige, über sieben Stunden lang gekesselt. Lange Zeit wurde ihnen der Zugang zu Trinkwasser und der Toilettengang verwehrt. Ein Teil der Gegendemonstrant*innen wurde mit Bussen zur Polizeiwache Uhlandstraße abtransportiert. Hier ging die polizeiliche Schikane weiter. Frauen mussen sich im Besein männlicher Beamter entblösen, im Rahmen der Durchsuchung wurde ihnen sogar in die Unterwäsche geschaut. 306 Menschen die ihr Demonstrationsrecht wahrgenommen hatten wurden erkennungsdienstlich behandelt.

Insgesamt gab am 1. Mai mindestens 50 Verletzte durch den Einsatz von Pfefferspray. Hinzu kommen diverse Prellungen durch Schlagstockeinsatz und ein gebrochener Arm. Betroffene des „Bochumer Kessels“ sind nun aufgerufen, sich bei der Antirepressionsgruppe unter antirep_1maibo[at]riseup.net zu melden. Die Möglichkeit einer Sammelklage gegen die rechtswidrige Masseningewahrsamnahme wird derzeit geprüft.