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3 Jahre und 10 Monate für Synagogen-Schützen

Christian Heß vor Synagoge am 26.04.2021 I

Am 06.12.2023 wurde der Neonazi Christian Heß zu 3 Jahren und 10 Monaten Haft verurteilt. Er stand seit dem 16.11. vor Gericht und musste sich nicht nur wegen des Schusses auf die Synagoge im Jahr 2021, sondern auch wegen mehreren versuchten Brandstiftungen seit 2017 verantworten. Vertreten wurde er durch den Rechtsanwalt und AfD-Politiker Knuth Meyer-Soltau.

Die Hauptverhandlung fand vom 04.-06.12. vor dem Bochumer Landgericht statt. Vorgeworfen wurden dem Rechten der Schuss mit einer Stahlkugel auf die Bochumer Synagoge am 26.04.2021, die Würfe zweier Molotow-Cocktails auf eine Kita in der Zechenstraße im Mai 2017 und auf den Balkon eines Mehrfamilienhauses in der Kulmer Straße am 25.02.2018, die Explosion einer DHL-Paketstaion mittels selbstgebautem Sprengsatz ca. zwei Jahre später und eine versuchte Brandstiftung an einem Fahrzeug der VBW an der Küpperstraße am 20. Dezember 2022. Bei dieser letzten Tat seiner Tatreihe wurde er von Zeugen beobachtet und von der Polizei gestellt. Die daraufhin entnommene DNA ergab Treffer der bereits länger zurückliegenden Taten und überführte Heß als Täter. Sein Geständnis ist vor diesem Hintergrund als hinlänglich zu sehen. Bei seinen Einlassungen ließ der Täter viele Leerstellen. So konnte er sich an die Tatausführungen nicht genau erinnern, ebenso wenig ließ er seine Tatmotivationen im Dunklen. Womöglich geschah dies mit dem Wissen um eine strafverschärfende Wirkung bei einem Bekenntnis zu einer politischen Motivation.

Der politische Background
Die Hausdurchsuchung bei Christian Heß erfolgte am 25.05.2023, während er bei seinem Arbeitgeber in Bochum-Gerthe festgenommen wurde. Bei der Durchsuchung wurden zahlreiche Messer, Dolche, Macheten, Schlagringe, Schlagstöcke, Elektroschocker, Co2-Pistolen und weitere Waffen sichergestellt. Einige von diesen Waffen besaß Heß illegal, darunter auch die Waffe mit der er mittels einer Stahlkugel die Synagoge beschoss. Dort durschlug das Projektil sogar die Sicherheitsscheibe. Ein Teil dieser Waffen waren Selbstbaue, die Heß offenbar mithilfe von Anleitungen konstruiert hatte. Zudem wurde eine Anleitung zum Bombenbau und ein Kanister mit Benzin in einem Rucksack gefunden. Auch ein Stielhandgranaten-Imitat aus dem zweiten Weltkrieg wurde beschlagnahmt. Weiterhin wurden über 250 NS-Devotionalien gefunden. Darunter befanden sich unter anderem Hakenkreuzfahnen, NS-Anstecker, Hitler-Büsten und -Fahnen, Reichskriegsfahnen, SS-Aufnäher und eine Sammlung indizierter Rechtsrock-CDs. Auf seinem Handy fanden sich antisemitische und rassistische Videos und Fotos. Ein Video zeigte u.A. die Erschießung von Jüdinnen und Juden. Die Polizisten entdeckten schließlich Drogen in nicht geringer Menge und eine Cannabis-Pflanze in Heß´ Wohnung.

Die Lebensgefährtin, die in einer eigenen Wohnung lebt, gab zwar an, von seiner Sammelleidenschaft zu wissen, problematisierte diese jedoch nicht. Sie gab ferner an, dass ihr Freund nicht aktiv in einer Partei oder Kameradschaft sei. Zudem würde er keine Demonstrationen besuchen. Er habe eine Abneigung gegen Jüdinnen und Juden und würde antisemitische Narrative weitergeben, wie beispielsweise „dass die Juden gierig und ein verräterisches Volk seien“. Auch würde Hitler ein hohes Ansehen bei ihm genießen. Von den Taten erfuhr die Lebensgefährtin erst durch die Presse. Heß gab gegenüber einer Gutachterin an, dass er selbst kein Nazi sei, sondern bezeichnete sich eher als „Punk-Rocker“. Zudem brachte er an, dass seine politische Gesinnung hier nichts zur Sache tun würde und er sich lediglich für Dinge aus der NS-Zeit interessiere. Der Versuch, die über 250 NS-Devotionalien einer historisch interessierten Sammelleidenschaft zuzuschreiben, wurde schließlich auch vom Oberstaatsanwalt und vom Richter durchschaut. Allein die aktuellen Rechtsrock-CDs und das auch öffentliche Tragen von NS-Symbolen sprechen eine endeutige Sprache. Tatsächlich ist Heß seit vielen Jahren durch das offene Tragen von szenetypischer Kleidung, u.a. das Tragen einer Mütze mit SS-Totenkopf, im Stadtbild aufgefallen. Bereits Mitte der 2000er studierte er in aller Öffentlichkeit die Booklets von Rechtsrock CD`s. Auch mit anderen rechten Jugendlichen wurde er in diesem Zeitraum gesehen, wie sie sich mit erhobenem Arm in der Öffentlichkeit begrüßten. So liegt die Vermutung nahe, dass er sich um 2005 herum im Umfeld kameradschaftlich organisierter Gruppen wie den Freien Nationalisten Bochum/Hattingen und den Freien Nationalisten Witten bewegte und von dort aus als sogenannter “lone wolf” stetig weiter radikalisierte. Bereits Jahre vor diesem Verfahren wurde er im Besitz von Schlagringen erwischt und dafür verurteilt.

Der polizeiliche Staatsschutz gab am zweiten Verhandlungstag an, dass Heß nach der Festnahme im Dezember 2022 ein Prüffall gewesen sei, da er bei der Tat eine Bauchtasche mit SS-Runen trug. Ob dieser in Strukturen sei, sei nicht bekannt, man gehe von einem Einzeltäter aus. Tatsächlich ist nicht bekannt, inwieweit Heß Demonstrationen besuchte. Er war zu Zeiten seiner Ausbildung bei der Demonstration gegen die Schließung des Nokia Werks im Jahr 2008 mit anderen Auszubildenden anwesend. Belege, dass er bei Demonstrationen der extremen Rechten anwesend war, liegen bisher nicht vor. Fraglich bleibt, ob er trotz der anstehenden Strafe und den mahnenden Worten des Richters von seiner menschenverachtenden rechten Einstellung ablässt, denn immerhin forderte er über seinen Rechtswanwalt, den stellvertretenden AfD-Kreisverbandssprecher Knuth Meyer-Soltau, alle seine NS-Devotionalien zurück sowie alle Waffen, die er legal besitzen darf.

Die Taten
Wie bereits beschrieben wurden neben dem Schuss auf die Synagoge verschiedene Brandstiftungen verhandelt. So warf er im Mai 2017 einen Molotow-Cocktail auf eine Kindertagesstätte in Bochum-Hamme. Dieser zündete jedoch nicht, sondern zerstörte nur eine Scheibe der Doppelverglasung und brannte davor aus. Die Erzieherin entdeckte den noch brennenden Brandsatz bei Arbeitsantritt vor der Tür. Im Februar 2018 warf er dann eine als Brandsatz ausgebaute Müllermilchflasche auf einen Balkon eines zwölfstöckigen Mehrfamilienhauses an der Kulmer Straße. Im Februar 2020 sprengte er in Bochum-Langendreer zudem eine DHL-Packstation. Heß ließ sich auf alle Vorwürfe ein und gab vor dem Hintergrund seiner DNA-Spuren an den Brand- und Sprengsätzen ein Geständnis ab. Als Motiv gab er an, dass er „Bock auf Knallen“ gehabt und sich keine Gedanken gemacht habe. Auch das im Falle des Mehrfamilienhauses etliche Menschenleben gefährdet waren, schien ihm wenig Gedanken bereitet zu haben. Weiterhin gab er an, bei jeder Tat unter dem Einfluss von BTM gestanden zu haben. Er gab zwar kurze Entschuldigungen ab, die von Oberstaatswanwaltschaft und Richter als authentisch wahrgenommen wurden. Auch dass der Schuss auf die Synagoge eher ein Zufallsprodukt gewesen sei, nahm das Gericht an. Begründet wurde dies damit, dass er im Vorfeld bereits auf das angrenzende Planetarium geschossen habe. Immerhin erkannten und benannten Gericht und Staatsanwaltschaft seine offesichtliche “nationalsozialistische, antisemitischen und rassistische” Einstellung, brachten diese jedoch kaum in Zusammenhang mit seinen Taten. Gerade in Zeiten eines wieder erstarkenden Antisemitismus, hätte die Betonung dieses Novums nach 1945 deutlicher ausfallen müssen. Zudem legen die Kameraaufnahmen nahe, dass er bei dieser Tat einmal mehr seine Bauchtasche mit dem Aufnäher der SS-Division “Götz von Berlichingen” getragen hat. Diese trug er auch bei seiner Verhaftung am 20. Dezember 2022, nachdem er beim Versuch ein Auto in Brand zu stecken, erwischt worden war.

Das Urteil
In der Gesamtschau wurde Heß vergleichsweise mild verurteilt. Dies hat er einerseits seiner Freundin, als auch seinem Arbeitgeber zu verdanken. Er wurde nach der Festnahme und der Unterbringung in Untersuchungshaft nicht gekündigt und auch seine Wohnung wurde offenbar weiterbezahlt. Deshalb sah das Gericht auch von einer weiteren Unterbringung in U-Haft ab. Während der Oberstaatsanwalt sowohl Fluchtgefahr als auch Widerholungsgefahr bei Heß sah, verwarf der Richter in seiner Urteilsbegründung beide Bedenken. So kann Heß nach Haftantritt hoffen, zeitnah in einen offenen Vollzug zu kommen, um seiner Tätigkeit weiterhin nachgehen zu können. Die Gutachterin konnte keine gefestigte Persönlichkeitsstörung feststellen, sondern nur vereinzelte Züge einer solchen. Sie betonte, Heß war zu jederzeit voll schuldfähig. Er wusste was er tat und plante seine Taten von langer Hand. Heß zeige sich außerdem heiter, wenn er über seine NS-Sammlung oder Waffen sprechen würde. Während er ansonsten eine versteinerte, wütende Mine aufsetzte, was der Richter am Ende der Verhandlung auch würdigte. Dabei machte der Richter dem Rechten ebenfalls deutlich, dass er mit seinem Lebensstil in dem von ihm gewünschten System sehr wohl als “Volksschädling” verurteilt worden wäre. Christian Heß kam somit im Anschluss der Verhandlung aus der U-Haft frei und wird bis zu seinem Haftantritt unter Einhaltung von Auflagen auf freiem Fuß sein. Auch der Gegenstand seines täglichen BTM-Konsums wird sich auf sein Urteil ausgewirkt haben. Weiterhin ist fraglich, warum die Justiz die nicht gezeigte Reue in Frage stellte, als er seine Aservate zurück forderte. Für die versuchte Brandstiftung an der Küpperstraße wurde er freigesprochen. 3 Jahre und 10 Monate sind für die Zeitspanne und die Qualität der Taten ein mildes Urteil, vorallem wenn ihm bereits jetzt der offene Vollzug in Aussicht gestellt wird. Heß nahm bei seinen wohlgeplanten Angriffen Menschenleben in Kauf und nur dank seiner “dilettantischen” (zit. Sachverständiger) Ausführung blieb es bei Sachschäden.

Weitere Taten
In der Causa Heß bleiben weitere Fragen offen. Einerseits wie es zur Politisierung des rechten Täters kam. Heß lebte in seinen Jugendjahren an der Küpperstraße, unweit der heutigen Synagoge. 2004 fand eine Demonstration gegen den Synagogenneubau statt, die NPD verteilte Flyer in der Nachbarschaft und das Auto des Rabbiners wurde zerstört und mit Hakenkreuzen versehen. Hier wäre interessant in wie weit diese Zeit seine ideologische Einstellung beeinflusste.

Brand Rolladen Soziales Zentrum am 28.09.2017

Hinzu kommt, dass die Taten in unmittelbarer Nähe seines Wohnortes oder dem Wohnort seiner Jugend ausgeübt worden. Gerade in Bochum-Grumme und Bochum-Hamme kam es zu zahlreichen Brandstiftungen in den vergangenen Jahren. Einer dieser Brandstiftungen ereignete sich am 28.09.2017 am Sozialen Zentrum Bochum. Der Eingangbereich wurde mit Benzin übergossen und versucht anzustecken. Die damals hin zugerufene Polizei spielte die Situation herunter, die Kriminalpolizei weigerte sich zu kommen. Hier ein Auszug aus dem Schreiben des SZ: „Denn anstatt eine Brandstiftung an einem Wohnhaus aufzunehmen, ging das Ganze bei der Polizei als “Sachbeschädigung durch Feuer auf Straßen, Wegen oder Plätzen” ein. Aber auch das blieb unbeachtet: Nur 8 Tage später erhielt die Anzeigestellerin einen Brief der Staatsanwaltschaft mit der Information, dass das Verfahren eingestellt sei.“ Sechs Jahre später sitzt Christian Heß, der nur unweit vom Sozialen Zentrum entfernt wohnt vor Gericht. Die Taten, die verhandelt werden, liegen zufällig im selben Zeitraum wie der Brandanschlag auf das Soziale Zentrum. Ein Schelm wer böses dabei denkt. Auch hätte geklärt werden müssen ob zwischen dem Wohnort des Angeklagten und dem Wohnort seiner Lebensgefährtin Brandstiftungen begangen wurden. Dass die vor Gericht verhandelten Taten die einzigen waren, die er ausgeübt hat, ist sicherlich zu bezweifeln.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass über 7 Jahre ein neonazistisch motivierter Täter in Bochum eine Anschlagsserie verübte und dabei Menschenleben in Kauf nahm. Zwar trafen nicht all seine Anschläge politische Ziele, jedoch begründet sich seine Waffen- und Gewaltaffinität auf seiner neonazistischen, von Selbstüberhöhung bestimmten Gesinnung. Genau diese wiederkehrenden Verhaltens- und Persönlichkeitsmuster sind rechten Tätern gemein und gefährdeten und kosteten bereits in naher Vergangenheit in Bochum und den Nachbarstädten immer wieder Menschenleben.

Prozessbeobachtung
07.12.23

Weitere Artikel zum Thema:

https://www.deutschlandfunk.de/haftstrafe-in-prozess-um-schuesse-auf-synagoge-in-bochum-100.html
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/bochum-schuesse-auf-synagoge-angeklagter-zu-knapp-vier-jahren-haft-verurteilt-a-379d41e1-b6f3-4349-b5d3-77dbd73bc748
https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/urteil-schuesse-synagoge-bochum-100.html
https://www.zeit.de/news/2023-12/06/schuesse-auf-synagoge-haftstrafe-fuer-37-jaehrigen-bochumer
https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/prozess-schuesse-synagoge-essen-100.html
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/bochum-mutmasslich-rechtsextremer-soll-auf-synagoge-geschossen-haben-prozess-beginnt-a-42604694-972a-434d-aa20-f83ff01427a6
https://www.waz.de/staedte/bochum/schuss-auf-bochumer-synagoge-ein-prozess-voller-probleme-id240597686.html
https://www.waz.de/staedte/bochum/schuss-auf-bochumer-synagoge-jetzt-beginnt-der-prozess-id240569546.html
https://www.waz.de/staedte/bochum/schuss-auf-bochumer-synagoge-taeter-zu-haftstrafe-verurteilt-id240760712.html

Rechtsrock Konzert in Hattingen am 10.06.2023

KC in Hattingen am 10.06.23

Am Samstag, den 10.6.2023, fand in Hattingen ein Rechtsrock Konzert statt.Im Gewerbegebiet Henrichshütte spielte die bundesweit bekannte neonazistische Hooligan-Band „Kategorie C“.

Anhand der per Telegram veröffentlichten Fotos des Frontsängers und rechten Hooligans Hannes Ostendorf lässt sich die Lokalität zweifelsfrei identifizieren. Auch Spuren außerhalb des Veranstaltungsraum weisen daraufhin, dass das Rechtsrock Konzert dort stattgefunden hat.

Spuren nach dem Konzert in Hattingen 10.06.2023

Die Security bestand aus rechten Hooligans und Rockern, die T-Shirts mit dem Aufdruck „Hooligan Security“ trugen. „Dass Ostendorf und seine Band in dieser Region des Ruhrgebiets auftreten, ist gar nicht so untypisch“ so Malte Schröder von Recherche BO. „Ostendorf ist Mitglied der rechten Bremer Hooligan Gruppe ‚Standarte Bremen‘, diese sind seit vielen Jahren mit rechten Hools aus dem Raum Essen befreundet. Auch nach Bochum gibt es lose Kontakte.“

Hannes Ostendorf mit Anhang am 10.06.2023 in Hattingen

Folglich liegt nahe, dass die Tippgeber:innen für die Location aus der Region stammen. Gerade in Essen-Steele treten seit vielen Jahren die Steeler Jungs auf, die sich ebenfalls aus dem dem Milieu zusammensetzt, wie die Band „Kategorie C“: Neonazis, Hooligans und Rocker.
Auch die Vermieter:innen der Halle müssen nun kritisch hinterfragen; wie ein Rechtsrock Konzert in ihren Räumlichkeiten stattfinden konnte.[Aktualisierung 19.06.23: Kurz nach der Veröffentlichung distanzierte sich der Vermieter glaubhaft von dem Konzert und gab an getäuscht worden zu sein]

RechercheBO
19.06.2023

Hammerskins in und bei der Stadt Bochum

Am Montag, den 12.07.2021, veröffentlichte das Recherche Kollektiv „Exif“ eine ausführliche Recherche zur extrem rechten Neonazisbruderschaft der Hammerskins. Im Rahmen der Recherche werden mehrere Mitglieder der Hammerskins aus dem Raum Bochum namentlich erwähnt, die dem „Chapter Westfalen“ angehören. Die folgende Veröffentlichung dient dazu, vereinzelt die Informationen der oben genannten Recherche zu ergänzen. Informationen zu den Hammerskins im allgemeinen sind aus der Recherche von „Exif“ zu entnehmen.

Hammerskins Chapter Westfalen Foto: Exif Recherche

Hammerskins bei der Stadt Bochum angestellt

Mario Garcia im Anti Antifa Shirt in der Bochumer Innenstadt 2009

Zwei Mitglieder der konspirativ organisierten Neonazibruderschaft Hammerskins arbeiten für die Stadt Bochum. Dabei handelt es sich um Keith Klene (vormals Hufski, geb. 30.09.87) und Mario Garcia (geb. 05.06.88). Garcia ist bei den Technischen Betrieben der Stadt Bochum tätig. Dort ist er als leitender Gartenlandschaftsbauer für den Bezirk Wattenscheid tätig. Zuvor leitete Garcia das sogenannte „City Team“ des technischen Betriebs. In sein Aufgabenfeld gehört zudem das Anleiten von Auszubildenden. Mehr als makaber daran ist, dass der Technische Betrieb der Stadt Bochum an der Oberen Stahlindustrie angesiedelt ist und sich somit Garcias Büro in einem Gebäude befindet, in dem Zwangsarbeiter:innen während der Zeit des Nationalsozialismus zur Anfertigung von Munition gezwungen wurden. Angrenzend an das Gelände befand sich zudem das Außenlager des Konzentrationslagers Buchendwald an der Brüllstraße. Dass dort jemand täglich zur Arbeit einkehrt, der zu einer konspirativ agierenden Neonazibruderschaft gehört und zudem im Jahr 2004 in Bochum gegen den Synagogenbau demonstrierte, ist eine Schande. Keith Klene hingegen hat sein Büro im technischen Rathaus in der Bochumer Innenstadt. Dort ist er seit Anfang des Jahres im Tiefbauamt für die Grundlagenplanung verantwortlich und im Raum 1.7.210 anzutreffen.

Höntroper Hammerskins

Neben der gemeinsamen Mitgliedschaft bei den Hammerskins und dem gemeinsamen Arbeitgeber, haben Klene und Garcia noch eine weitere Gemeinsamkeit: beide kommen aus Wattenscheid Höntrop. So sind beide in Höntrop groß geworden, haben in Wattenscheid die Schule besucht und leben auch weiterhin noch dort. So wohnt Keith Klene, der in der Emilstraße groß geworden ist, nun in der Hönnebecke 47 unweit des Höntroper S-Bahnhofs. Mario Garcia lebt am Bitterskamp 32.

Hendrik Stiewe am Stand illegaler Musikproduktionen beim Hammerfest in Frankreich am 2. November 2019 Foto:Exif-Recherche

Auch Hendrik Stiewe (geb. 02.12.1981) lebt seit ca. 2013 nur einen Katzensprung entfernt von Klene und Garcia am Wattenscheider Hellweg 15. Wie aus der Recherche zu den Hammerskins hervorgeht, ist Hendrik Stiewe einer der wichtigsten Akteure der europäischen Hammerskins. Vorallem seine Kontakte in die USA und zu rechten Bands, machen ihn zu einem wichtigen Protagonisten der Neonaziszene. So schreibt „Exif Recherche“, dass Stiewe für den Vertrieb von illegalen Rechtsrockplatten von „Adolf Hitler Records“ und „Irma Grese Musik“ verantwortlich ist. Er verkaufte nachweislich im Jahr 2019 auf dem Hammerfest illegale Platten dieser Label. So kann davon ausgegangen werden, dass er auch über seine Wohnanschrift einen regen Versand von Rechtsrockplatten betreibt.

 

Zwischen Rechtsrock und Verwaltung
Einer von Hendrik Stiewes Kontakte in die USA ist William Leinberger, ein Neonazi und Tätowierer aus Berwyn, der wegen antisemitischen Farbattacken auf jüdische Geschäfte und einer Morddrohung in den 90er Jahren eine Haftstrafe absitzen musste. Ebenfalls hatte Stiewe laut „Exif Recherche“ Kontakt zu Wade Michael Page, der ein rassistisches Attentat auf einen Sikh-Tempel in Wisconsin verübte, bei dem sechs Menschen ums Leben kamen.
Neben seinen neonazistischen Aktivitäten ist Stiewe bemüht, einen Arbeitsplatz in der öffentlichen Verwaltung zu erhalten. Bereits vor einigen Jahren war er Mitarbeiter beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Dortmund, wo er aufgrund seiner Neonaziaktivitäten gekündigt wurde. Seit dem versucht er sich weiterzubilden, um einen Arbeitsplatz in der öffentlichen Verwaltung zu erhalten. Hierzu besucht er das Studieninstitut Emscher-Lippe in Dorsten, wo er den Verwaltungslehrgang II absolviert.

Weitere Mitglieder des Chapter Westfalen in Bochum

Hendrik Stiewe und das frisch gegruendete Chapter Westfalen in Bremen 2014 Foto: Exif-Recherche

Zu dem Hammerskin Chapter Westfalen zählen zudem die Brüder Alexander Damm und Dominik Damm ( geb. 02.07.81). Alexander Damm arbeitet bei der Schreinerei Reichel in Wattenscheid und lebt mit seiner Lebensgefährtin Eva Damm in der Laerfeldstr 3b in Bochum Laer. Neben den Aktivitäten bei den Hammerskins sind beide bei einem Fußballverein aktiv. Eva Damm spielt dort unter anderem in der Frauenmannschaft, Alexander Damm trainiert dort die F-Junioren. [Ergänzung 13.07.21: Der zuvor an dieser Stelle genannte Fußballverein, distanzierte sich glaubhaft von Rassismus und neonazistischer Ideologie. Daher haben wir die Nennung des Vereins nachträglich gelöscht.]  Eva Damm verdient ihr Unterhalt als Tagesmutter.

 

Martin Heise rechts und Dominik Damm 2.v.r. und Andre Eminger links in Thueringen im Juli 2018

Dominik Damm hingegen wohnt in Bochum Dahlhausen am Krampenhof 30. Dominic Damm nahm im Jahr 2018 an einem Kampfsportturnier in Thüringen teil. Neben ihm nahm der NSU Unterstützer André Eminger nachweislich an der Veranstaltung teil. Ein weiterer Hammerskin der an diesem Kampfsportevent teilnahm, war Martin Heise. Heise kommt aus Wetter und arbeitet dort beim Elektriker Volker Friedel.

 

 

Zwei, die bereits in vorherigen Veröffentlichungen erwähnt wurden, sind Stefan Held (geb. 21.01.84) und seine Lebensgefährtin Marina Lisczewski.

Hendrik Stiewe und Marina Liszczewski beim Hammerfest in Frankreich am 2. November 2019 Foto:Exif-Recherche

Lisczewski sorgte 2019 für lokale Berichterstattung, da sie als Mitorganisatorin des „Kampf der Nibelungen“ und bekannte Naziaktivistin aus dem Ruhrgebiet bei der der Schufa Holding AG in Bochum arbeitete. Zusammen mit Held, lebt sie in Bochum Langendreer in der Straße Am Steinhardt 5. Held machte sich, nach seinem gescheiterten Versuch als Imbissbetreiber in Lütgendortmund, in Witten als Zahntechniker selbständig. Dort leitet er als einer von zwei Geschäftsführern das Zahnlabor „Helix Dental“ in der Ardeystraße. Neben seiner Liebe zu seinem Beruf als Zahntechniker, hat sich Held das Logo der Hammerskins auf sein linkes Bein tattowieren lassen.

Ein weiterer Neonazis aus Bochum, der zwar nicht den Hammerskins zugeordnet werden kann, aber zu deren Bekanntenkreis gehört, ist u.a. Stefan Schröder aus Wattenscheid. Schröder half u.a. beim Kampf der Nibelungen 2018 in Ostritz als Ordner aus.

Festhalten kann man, dass die Bochumer Hammerskins sich über Jahre organisieren konnten ohne dabei gestört zu werden. Ein Grund dafür liegt sicherlich in dem sehr vorsichtigen Auftreten der lokalen Hammerskins. So bleiben sie weitestgehend von öffentlichen Neonaziveranstaltungen fern, um auch ihre Berufe nicht zu gefährden. Gerade die Stadt Bochum muss nun Verantwortung übernehmen und die zwei bei ihr angesteltten Hammerskins kündigen. Auch das Studieninstitut Emscher-Lippe muss vorbildlich handeln und Hendrik Stiewe nicht weiter darin weiterbilden eine Stelle in der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen zu können.

RechercheBo
13.07.2021

Der Vollständigkeit halber spiegeln wir an dieser Stelle die Auszüge des Recherche Artikels von „Exif Recherche“, die sich mit den Neonazis aus Bochum und Umgebung beschäftigen (viele der benutzten Fotos stammen aus dem folgenden Text):
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