Am 1. Mai marschierten ca. 180-250 Nazis dank eines massiven Polizeiaufgebots durch Bochums Innenstadt. Trotz verschiedener Protestformen und zahlreichen Durchbruchsversuchen, gelang es leider nicht den Naziaufmarsch zu verhindern. Hier folgt nun unsere recht späte Einschätzung zum 1. Mai Wochenende.
Im Vorfeld
Am 02.04. kündigt Claus Cremer(Landesvorsitzender NPD-NRW) an, am 1. Mai in Bochum aufmarschieren zu wollen. Zunächst wollte dies niemand so recht wahr haben. Ein Naziaufmarsch in Bochum? Wann hat es dies das letzte mal gegeben? Im Jahre 2008 marschierte die NPD im Rahmen ihrer Kampagne “Ausländerstopp” mit rund 150 Nazis durchs bescheidene Ehrenfeld. Schon damals formierte sich Protest gegen den Naziaufmarsch. Ein Bündnis lokaler und regionale Antifagruppen rief zur Gegendemonstration auf. Bereits 2008 sperrte die Bochumer Polizei die Naziroute so massiv ab, dass nicht einmal Anwohner*innen die Absperrungen passieren konnte.
Nun gut, zurück in die Zukunft. Mehrere linksradikale und antifaschistische Gruppen riefen innerhalb einer Woche den Aktionstag gegen den Naziaufmarsch aus. Eine Vorabenddemo sollte diesen sowohl einläuten, als auch eigene Inhalte kund zu tun, da man sich den 1. Mai nicht von den Nazis nehmen lassen wollte. Die ersten Mobimaterialen waren nach gut anderthalb Wochen da und die Propagandataten nahmen ihren Lauf.
Als eine der schnellsten und wichtigsten Mobiaktionen ist die Tapete der Ultragruppe “Melting Pott” zu bewerten. Sie zeigten den Spruch “1. Mai-Fäuste frei! Nazis aufs Maul!” während des Spiels gegen FSV Frankfurt. Eine klarere und konsequentere Stellungnahme hätte es unserer Meinung nach nicht geben können. Vielen Dank an dieser Stelle!
Im Vorfeld des 1. Mai sind zahlreiche Flugblätter im Bochumer Stadtgebiet verteilt worden. In der Woche vor dem 1. Mai sind zudem zahlreiche Schüler mit Flyern ausgestattet worden. Hinzu kamen einige Aktionen die ebenfalls im Bezug zum 1. Mai standen. Einige Autonome haben sowohl dem NPD-Büro in der Bochumer Innenstadt, als auch dem Nazi Wolf-Dieter Varney in Bochum Langendreer einen Besuch abgestattet. Ein großes “1. Mai-Nazifrei”-Graffiti ist entstanden und ein Transparent mit der Aufschrift “Rassismus ist keine Alternative” sorgte über den Dächern des Bochumer Bermud3Ecks für Aufsehen. Letzteres ist im Beisein von zwei Streifenwagen abgehangen worden.
Weniger gut hat das Plakatieren funktioniert. Die Mobiplakate hätten mehr geklebt werden müssen. Die beiden Antifa-Café Termine im Vorfeld des 1. Mai waren mit ca. 50 Menschen beide Male sehr gut besucht! Ebenfalls gut besucht war die “Hitler is dead”-Party am 29.04. der Antifaschistischen Aktion Bochum.
Die Vorabenddemo
Am 30.04. veranstaltete das Bochumer Antifa-Bündnis eine revolutionäre Vorabenddemo. Diese diente unter anderem dazu am Tag vor dem Naziaufmarsch auf diesen aufmerksam zu machen und die Einwohner*innen der Stadt dazu aufzurufen sich an den Gegenaktionen zu beteiligen.
Die Demo lief vom Hauptbahnhof zunächst in die Alsenstraße, in der die Anarchistische Gruppe Bochum einen Redebeitrag hielt. Danach zog die knapp 400 Menschen umfassende Demo Richtung Schauspielhaus. Dort hielt die Gruppe Kommunistische Praxis und Kritik(Bochum) einen Redebeitrag. Ehe die Demo die nächste Kundgebung am Hans-Ehrenberg Platz erreichte, passierte sie den Wohnort des Alt-NPD Mitglieds Carsten Röhmhild, dessen Wohnhaus von einem Trupp behelmter Hundertschaftscops bewacht wurde. Am Hans-Ehrenberg Platz folgte dann der Redebeitrag der Antifaschistischen Aktion Bochum zur Notwendigkeit des Antifaschismus. Nachdem die Sonne untergegangen war wurde der Nachthimmel von einer gelungenen Pyroaktion erhellt. Von dieser Lichtshow überwältigt und von feinster Musik begleitet, ließ sich zumindest eine Demoteilnehmer*in dazu bewegen ebenfalls eine Wunderkerze zu zünden. Dies sollte jedoch noch nicht das Ende der visuellen Untermalung des Schauspiels sein. An der Kortumstraße angekommen, wurde die Demo von weiteren Lichtspielen begrüßt. Nicht Wedding, nicht Friedrichshain, sondern Bochum!
Im Bochumer Bermuda3Eck hielt die Antifaschistische Linke Bochum einen kurzen Redebeitrag und berichtete die NPD-Strukturen in Bochum und den 1. Mai. Danach zog die Demo gemütlich Richtung HBF und löste sich dort auf. Letztendlich kann festgehalten werden, dass die Stimmung auf der Demo wirklich gut war. Weiterhin kann die Demo als letzte große Mobiaktion vor dem Naziaufmarsch gesehen werden.
Mayday
Am 1. Mai haben wir als Antifaschist*Innen unser Ziel den Naziaufmarsch zu verhindern nicht erreichen können. Ein massives Polizeiaufgebot, eine kurze Demoroute und nur wenige Zufahrtsstraßen zur Route erschwerten unser Vorhaben.
Negativ bewerten wir zunächst das Ergebnis, dass 180-250 (gibt verschiedene Zählungen) durch Bochum marschieren konnten. Ebenfalls negativ ist, dass das durchschnittliche NPD Mobipotential überstiegen wurde. In der Regel nehmen an solchen Demonstrationen in NRW ca. 150 Nazis teil.
Als Negativhöhepunkt sind neben den rund 50 Verletzten Antifaschist*Innen, die ca. 300 Gewahrsamnahmen zu sehen. Nach einem Versuch die Naziroute über die Kortumstraße zu erreichen, kesselte die Polizei dort einen Großteil der aus dem Autonomen-/Antifa-/Subkulturellen Spektrum kommenden Personen. Diese gilt es im Nachhinein zu unterstützen! Die Demonstranten verweilten einige Stunden in diesem Kessel. Im Kessel befand sich auch ein junger Mensch dem gezielt durch einen Polizisten der Arm gebrochen wurde. Erst nach mehrfacher Aufforderung medizinische Versorgung hinzu zuziehen, ließen die Bullen ihn gehen.
Zum Teil entstand der Eindruck, dass größere Gruppen von Antifas orientierungslos agierten. Dieser Umstand wird im Nachhinein intern analysiert und ausgewertet. Dazu möchten wir uns aber an dieser Stelle nicht öffentlich äußern, da bekanntlich die Damen und Herren des Wanne-Eickler Staatsschutzes mitlesen.
Positiv bewerten wird das Potential, was am 1. Mai in Bochum auf der antifaschistischen Seite demonstrierte. Insgesamt waren ca. 2500 Menschen gegen die Nazis auf der Straße wovon rund 700 dem Antifaspektrum zugeordnet werden können. Allein am Bochumer Treffpunkt fanden sich um die 300 Menschen ein, wobei diese Gruppe im Verlauf sogar noch anwuchs. Weiterhin konnte man durchaus erkennen, dass aus dem zuletzt genannten Spektrum viele motiviert waren den Naziaufmarsch zu verhindern. Insgesamt wurden 4 Versuche gezählt auf die Naziroute zu kommen, welche nur mit massiven Pfefferspray- und Schlagstockeinsatz unterbunden werden konnte. An der Ecke Südring/Viktoriastraße wurde zudem mit einer Seilkonstruktion versucht die Absperrgitter der Cops wegzuziehen. An dieser Stelle drohte die Polizei den Gebrauch des Wasserwerfers an. Ebenfalls positiv bewerten wir den Durchbruchversuch an der Luisenstraße der von Antifas, Parteijugenden und Bürgis unternommen wurde. Die Motivation und die Entschlossenheit war da, die Möglichkeiten leider nur sehr gering.
Außerdem gab es ein kleines Sit-In an Oskar-Hoffmannstr/Südring. Dieses sehen wir jedoch als symbolischen Akt an. Unserer Meinung nach hatte die Polizei nicht vor den Naziaufmarsch auf den Buddenbergplatz zu leiten. Wohl eher galt das letzte Stück der Demoroute als strategische Ausweichroute für die Nazis, falls es geschafft worden wäre den Haupteingang des Hauptbahnhofs zu blockieren.
Gegen Ende des Naziaufmarschs wurde eine Polizeiabsperrung in der Rechenerstraße renitent angegangen. Wie bereits oben angemerkt begleitete ein Wasserwerfer den Naziaufmarsch. Da wohl einige Gegenstände die Schwerkraft zu überschreiten wussten, trugen einige Cops ihre Schilder mit sich.
Attenzione Polizia
Die Polizei Bochum verkündete, dass es zu schwersten Ausschreitungen in Bochum gekommen sei, was die Tagesschau dazu bewegte von eben diesen in Berlin, Hamburg und Bochum zu sprechen. Für uns steht fest, dass schwere Ausschreitungen anders aussehen. Es gab zwar Versuche die Nazidemo zu verhindern und vereinzelt auch militantere Aktionsformen, jedoch kann nicht von schwersten Ausschreitungen gesprochen werden.
Fazit
Wie bereits erwähnt war es kein erfolgreiches Wochenende, jedoch auch kein schlechtes. Dieses Aktionswochenende hat die antifaschistische Vernetzung in Bochum als auch im Ruhrgebiet verstärkt. Es wurden mehrere Akzente gesetzt, dass es Menschen in Bochum und Umgebung gibt, die motiviert sind etwas gegen Nazischweine zu unternehmen. Hinsichtlich des Aktionskonzepts bleibt festzuhalten, dass dies noch Entwicklungspotential aufweist und es nun die Aufgabe sein muss die gemachten Fehler zu analysieren, um beim nächsten Mal besser handeln zu können. Wie weiter oben beschrieben, müssen wir die von Repression betroffenen nun begleiten und die Menschen die unteranderem Schwierigkeiten dabei haben die gemachten Gewalterfahrungen zu verarbeiten unterstützen.
Trotz alledem wird die NPD es bereuen durch Bochum marschiert zu sein!
Antifa heißt weitermachen!
Antifaschistische Linke Bochum,
Mai 2016
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