Dokumentation zum Mordfall Gera

An dieser Stelle möchten wir die Dokumentation zum Mord an Josef Anton Gera  auf diesem Blog dokumentarisch festhalten. Wir übernehmen diese vom Blog der ehemaligen Antifaschistischen Jugend Bochum. Zusammengestellt wurde sie vom Polit Cafe Azzoncao. Auch die dort hochgeladene PDF möchten wir euch hier zur Verfügung stelle: Dokumentation zum Mord an Josef Anton Gera

Auch den Zusatz zur Domumentation spiegeln wir hier als PDF:
Dokumentation zu Josef Anton Gera-Zusatz

Ein Dank geht an die Personen und Gruppen, die diese Dokumentation vor langer Zeit  zusammengestellt hat.

Mordfall Gera: Verdächtiger festgenommen

„Rechtsradikaler Hintergrund“
Donnerstag, 23. Oktober 1997 (WAZ)
Im Mordfall Josef Anton Gera hat die Kripo gestern den mutmaßlichen Haupttäter festgenommen. Der junge Mann soll der rechtsradikalen Szene angehören. Mit einem Polizeihubschrauber überflog die Mordkommission am Mittwoch das alte Kruppgelände jenseits der Klosterstraße, um aus der Luft leerstehende Industriebauten zu fotografieren. Die abgelegene Gegend gilt als Treffpunkt vieler Gruppen, darunter auch Skinheads, Obdachlose und Rauschgiftsüchtige. Dort, in der Nähe der Klosterstraße, war der 59jährige Frührentner, wie berichtet, am 14. Oktober von einem Schlägertrupp mit Baseballschlägern übel zugerichtet worden. Am Freitag erlag Gera in der Klinik seinen schweren Verletzungen. Seitdem wird wegen Mordverdachts ermittelt. Nach zahlreichen Hinweisen aus der Bevölkerung und eingehenden Befragungen in der Nichtseßhaften-Szene gelang gestern die Festnahme. Der Chef der Mordkommission, Walter Pindur, bestätigte, daß ein rechtsradikaler Hintergrund vorliege. Noch vor seinem Tod hatte Josef Gera Polizeibeamten gegenüber geäußert, vier Rechtsradikale hätten ihn zusammengeschlagen und getreten. Die Bochumer Grünen wollen über ihre Landtagsfraktion eine Anfrage an die Landesregierung richten. Dabei soll erhellt werden, „ob die Bochumer Polizei von Anfang an alle erforderlichen Schritte zur Fahndung nach den Tätern und Zeugen eingeleitet hat oder ob die Polizei den Fall bagatellisiert und erst nach dem Tod des Opfers ernsthaft mit Ermittlungen begonnen hat.“ Die Ermittler haben für heute eine Pressekonferenzangekündigt. (R.H.)

Ex-Soldat gestand Bluttat an Rentner

Hakenkreuze und SS-Runen in seiner Laube
Freitag, 24. Oktober 1997 (WAZ)1997
Der Mord an den Bochumer Frührentner Josef Anton Gera (59) ist geklärt. Der ehemalige Bundeswehrsoldat Patrick K. (26) aus Bochum gestand, mit ener Eisenstange auf Gera eingedroschen zu haben, ebenso wie sein noch flüchtiger Komplize Uwe K. (35).

Am Abend der Bluttat hatten sich insgesamt fünf Männer zu einem Saufgelage in einer Laube getroffen, darunter auch Gera. Die verfallene Hütte liegt auf der Kruppschen Industriebrache jenseits der Klosterstraße. Dort, neben verrosteten Gleisen und einem alten Stellwerkhaus, waren Patrick K. und sein Freund zuhause. Hakenkreuze, SS-Runen und eine Totenschädelzeichnung finden sich auf den Wänden.
Bevor die fünf Männer dem Alkohol zusprachen, übte sich Patrick K., wie er der Mordkommission schilderte, in Sieg-Heil-Parolen und Hitlergruß. Im Verlauf der Zecherei habe sich der Rentner ihm und seinem Freund sexuell nähern wollen. Da habe er mit einer Eisenstange, verlängert durch ein Stuhlbein, zugeschlagen, behauptet der Ex-Soldat. Anschließend hätte auch Uwe K. mit der Stange zugelangt. Staatsanwalt Dieter Justinsky hält die Sex-Version für eine Lüge: „Beide sind des Mordes dringend verdächtig.“ Aus seiner Sicht sind die beiden Männer aus nichtigem Anlaß „ausgerastet“.
Am Mittwoch wurde Patrick K., ein Skinhead-Typ mit Irokesen-Schnitt und Tätowierung, auf dem Bochumer Bahnhofsvorplatz festgenommen. Seit Montag hatte die Mordkommission Tag und Nacht ermittelt. Jeder Obdachlose, den man in Bochum fand, wurde zum Polizeipräsidium gebracht und als Zeuge verhört. Auch Patrick K. und Uwe K. waren dabei. Sie seien am Tattag, dem 14. Oktober, bei Uwes Mutter in Bochum gewesen, schilderten sie. Danach konnten sie gehen.
Doch der Besuch bei der Mutter fand einen Tag später statt, fanden die Beamten bei

Der Mutter die Tat gestanden

der Nachfrage heraus. Ihr, der Schwester und einem Nachbarn gegenüber hatten die beiden Männer die Tat zugegeben, berichtete der Chef der Mordkommission, Walter Pindur.
Hinweise, daß die beiden Männer einer rechtsradikalen Gruppe angehören, habe man bisher nicht, sagte Pindur. Auch die übrigen zwei Trinkkumpane wurden ermittelt, hätten aber wegen Volltrunkenheit keine Erinnerung an den Abend.

Daß an den zweieinhalb Tagen zwischen der Tat und dem Tod des Opfers die Polizeiarbeit in diesem Fall offenbar ruhte, nimmt Polizeipräsident Thomas Wenner zum Anlaß einer Überprüfung. Es werde „schonungslos analysiert“. Das Elisabeth-Krankenhaus hätte nach der Einlieferung Geras keine Zwischennachricht abgegeben, sondern sich erst gemeldet, als der Rentner gestorben war.(R.H.)

Völlig verfallen ist die Laube auf der Krupp-Industriebrache hinter der Klosterstraße, wo die beiden Tatverdächtigen hausten. Im Inneren: Hakenkreuze und SS-Runen an den Wänden neben einem Matratzenlager. Hier fand das Trinkgelage statt, bis es zu den tödlichen Schlägen kam. Draußen, unweit der verrosteten Gleise, fand die Polizei die Tatwaffe: Ein Stahlrohr, verlängert durch ein Stuhlbein. Auch die Brille des Opfers, der sich an jenem Abend bis zur Straße schleppen konnte, wurde entdeckt.
waz-Bilder: Hartmut Beifuß

Nach Geständnis im Mordfall Gera Komplize gesucht

Freitag, 24. Oktober 1997 (WAZ)

Duo schlug mit Eisenstange zu

Von Rolf Hartmann

WAZ BOCHUM. Ein ehemaliger Bundeswehrsoldat hat gestanden, mit einem Kumpel den Bochumer Rentner Josef Anton Gera (59) nach einem Zechgelage mit einer Eisenstange so schwer verletzt zu haben, daß der Mann zwei Tage später starb.
Von 1990 bis 1994 diente der Bochumer Fernmeldetechniker Patrick K. (26) dem Militär, zog sich dann mit 25 000 DM Abfindung ins Private zurück. Staatsanwalt Justinsky: „Danach rutschte er ab und versoff das Geld in zwei Monaten.“ Mit dem wohnungslosen Uwe K. (35) aus Soest hauste er zuletzt in einer Laube auf der Krupp-Brache am Rande der City.

Dort war der Tatort. Am Abend des 14. Oktober zechten hier fünf Männer, darunter auch das spätere Opfer. Er habe sich ihm und seinem Freund Uwe sexuell genähert, behauptet der Ex-Zeitsoldat heute. Daraufhin hätten beide nacheinander mit einem Stahlrohr zugeschlagen. In der verfallenen Laube fanden sich Hakenkreuze an den Wänden, Totenschädelzeichnungen und SS-Runen. Aber eine Verbindung zu einer rechtsradikalen Gruppe sei nicht erkennbar, sagte Kommissar Walter Pindur.
Seit Montag hatte die Kripo jeden Bochumer Obdachlosen, den sie finden konnte, zum Polizeipräsidium gebracht und verhört, darunter auch Patrick K. und Uwe K., nach dem jetzt noch gefahndet wird.

Mordfall Josef Gera geklärt

24. Oktober 2010 (Ruhrnachrichten)
Täter wohnten in Hütte auf Kruppgelände
(hm) Am Tag nach der Tat erzählten Uwe K. (35) und Patrick K. (26) Uwes Mutter und Schwester, daß sie Josef Gera erschlagen hätten. Doch sowohl die Verwandten, als auch ein Nachbar, der von der Bluttat wußte, informierten nicht die Polizei. Trotzdem konnte Patrick am Mittwoch auf dem Bahnhofsvorplatz festgenommen werden. Gegen ihn erging Haftbefehl wegen Mordes. Nach Uwe K. wird weiterhin gesucht.
Sexuelle Annäherungen des 59jährigen seien der Auslöser für die Tat gewesen, erzählte Patrick der Polizei. Der junge Mann, mit Skinheadfrisur und Tätowierungen, lebte gemeinsam mit seinem Freund Uwe in einer maroden Laube auf dem Kruppgelände an der Klosterstraße. Die Hütte war mit Hakenkreuzen und SS-Runen beschmiert.
Trotzdem geht die Kripo nicht davon aus, daß es sich bei den beiden um organisierte Rechtsradikale handelt. Ebensowenig glaubt man allerdings die Geschichte von den sexuellen Annäherungen. Obwohl es in der Szene bekannt sei, daß der Frührentner homosexuelle Neigungen habe, bleibe die Schilderung unglaubwürdig. „Die haben an einem Hilflosen ihr Mütchen kühlen wollen“, so Staatsanwalt Dieter Justinsky.
Die Tatwaffe war kein Baseballschläger, sondern ein Eisenrohr, daß man auf ein Stuhlbein gesteckt hatte. Sie wurde mittlerweile sicher gestellt.
Etliche Polizisten durchkämmten gestern noch einmal das gesamte Gelände. „Wir haben Anlaß zu der Annahme, daß Uwe K. sich selbst getötet hat“, so Mordkommissionsleiter Walter Pindur. Zwei weitere Männer, die zur Tatzeit in der Hütte anwesend waren, hatten wegen Volltrunkenheit nichts von dem Verbrechen mitbekommen.
Die beiden mutmaßlichen Täter waren bereits zuvor als Zeugen vernommen worden. Als sich ihr Alibi als falsch erwies, kam man ihnen auf die Spur. Beide sind zwar erheblich vorbestraft, Delikte mit rechtsradikalem Hintergrund sind nicht darunter.

Polizeipräsident Thomas Wenner beugte gestern Fragen vor, warum man erst so spät ernsthaft ermittelt habe: „Wir werden alle Beteiligten fragen und dann die Ergebnisse offen legen.“

Erster Ermittlungserfolg im Mordfall Josef Gera

Samstag, 25. Oktober 1997 (unbekannt)
Ein Täter festgenommen
Ein weiterer Tatverdachtiger wird noch gesucht
Am Freitag, 17. Oktober, verstarb der 59jährige Josef Gera infolge heftiger Tritte und Schläge. Der Leiter der Mordkommission, Walter Pindur, und der zuständige Staatsanwalt Dieter Justinsky präsentierten am Donnerstag, 23 Oktober, ihre ersten Ermittlungsergebnisse.
Der 26jährige obdachlose Tatverdächtige Patrik K. konnte festgenommen werden und hat die Tat bereits gestanden. Die Polizei sucht noch nach dem 35jährigen Verdächtigen Uwe K.
Alkoholeinfluß
Nach Angaben von Patrik K. hatten die beiden Männer zusammen mit dem späteren Opfer Josef Gera in einer Behausung auf dem Kruppgelände an der Klosterstraße im Verlauf des Tatabends erhebliche Mengen Alkohol getrunken, bevor Josef Gera erst bei Patrik K. und dann bei Uwe K. sexuelle Annäherungsversuche gemacht hätte. Danach hätten die beiden Tatverdächtigen auf den 59jährigen eingetreten und -geschlagen, wobei auch ein Eisenrohr benutzt worden sei, das von der Polizei nach der Vernehmung von Patrik K. in einem Gebüsch nahe des Tatortes gefunden werden konnte.
Zwei Männer
Am Tatabend waren noch zwei weitere Männer in der Laube auf dem Krupp-Gelände, die jedoch nach Aussage der Polizei so sehr unter Alkoholeinfluß standen, daß sie „eingeschlafen waren und vom Tathergang nichts bemerkten.“ Dies sei von den beiden Männern selbst und auch von Patrik K. übereinstimmend ausgesagt worden.
Nach Angaben von Walter Pindur habe Patrik K. das Aussehen eines Skinheads, es sei jedoch noch nicht festzustellen gewesen, ob er zur Rechtsradikalen-Szene gehöre. Der 26jährige gab jedoch während des Verhörs zu, daß er im Verlauf des Tatabends vermehrt „Sieg Heil“ gerufen habe. Darüber hinaus befinden sich an den Wänden des Tatortes Hakenkreuz- und SS-Zeichen.
Vernehmung
Der Ermittlungserfolg der Polizei basiert laut Walter Pindur auf ausgiebigen Vernehmungen von Obdachlosen, in deren Verlauf auch Patrik K. und Uwe K. Aussagen machten. Dabei gaben die beiden an, am Tatabend bei der Mutter von Uwe K. gewesen zu sein, was bei einer näheren Überprüfung jedoch nicht bestätigt werden konnte. Vielmehr seien die beiden Männer erst am Tag nach der Tat dort aufgetaucht und hätten über die Ereignisse des vorhergehenden Abends berichtet. Ihre Schilderungen schlossen die Männer mit „Sieg Heil“-Rufen ab. Dies hatten die Mutter und die Schwester von Uwe K. sowie ein ebenfalls anwesender Nachbar bei einer Vernehmung ausgesagt.
Der gebürtige Wattenscheider Patrik K. konnte am Mittwoch, 22. Oktober, festgenommen werden und war nach Angaben von Walter Pindur beim Verhör „relativ schnell geständig“. Uwe K. wird noch von der Polizei gesucht. Der Leiter der Mordkommission schließt nicht aus, daß der Flüchtige zwischenzeitlich bereits „den Freitod gesucht hat“, da er nach Angaben von Patrik K. selbstmordgefährdet sei.
Tatmotiv
Während der von Patrik K. geschilderte Tatablauf laut Dieter Justinsky mit den Obduktionsergebnissen übereinstimmt, kann das Tatmotiv von ihm nicht nachvollzogen werden. Der Staatsanwalt geht statt dessen von einem „Mord aus niederen Beweggründen“ aus, bei dem „Alkohol und eine Menge Frustration eine tragende Rolle spielten“.

MORD MIT RECHTSRADIKALEM HINTERGRUND IN BOCHUM

Am Abend des 14. Oktober wurde der 59 jährige Frührentner Josef Gera auf einer Industriebrache des Kruppgeländes, unweit der Bochumer Innenstadt, von dort ansässigen Obdachlosen mit einer Eisenstange attackiert und zusammengetreten. Trotz schwerer Verletzungen konnte er sich zu einer angrenzenden Straße schleppen, wo er nach Hilferufen von Passantinnen aufgefunden wurde. Der zum Tatort gerufenen Polizei teilte Gera mit, daß er von Nazi-Skinheads brutal verprügelt worden sei. Daraufhin wurde der Transport in das Elisabeth-Krankenhaus veranlaßt. Zwei Tage später war Josef Gera tot, gestorben an gravierenden inneren Verletzungen: Milz-/Leberriß und Rippenbrüchen. Im Zusammenhang damit, muß erwähnt werden , daß immer wieder arme,eventuell betrunkene Menschen im Elisabeth-Hospital,-zur Kostendämpfung, eine nur oberflächliche Behandlung erhalten. Nach dem Tod von Josef Gera, sah die Polizei erst einen Handlungsbedarf,als erwiesen war, daß er an den Folgen seiner Verletzungen verstorben war. Obwohl Gera ausdrücklich am Tatort und vor dem Abtransport in das Krankenhaus darauf hingewiesen hatte, daß dieser Überfall einen rechtsradikalen Hintergrund habe, verbuchte die Bochumer Polizei die Vorkommnisse unter „alltägliche Schlägereien“,die erst im Zuge weiterer Ermittlungen recherchiert werden. Als die Öffentlichkeit über Geras Tod informiert wurde,konnten die Ermittlungen nicht weiter auf die lange Bank geschoben werden. So konnte nach angeblich intensiven Recherchen am 22. Oktober ein erster Fahndungserfolg, mit der Festnahme des 26 jährigen Patrick Kerkau, präsentiert werden. Nach dem bis heute flüchtigen Uwe K. wird weiterhin gesucht Patrick Kerkau, der die Tat sofort gestand, schildert den betreffenden Abend folgendermaßen: Nach exessivem Alkoholkonsum in der Laube auf dem Brachgelände sei Gera „sexuell“ zudringlich geworden. Daraufhin habe man ihn mit einer Eisenstange maträtiert und zusammengetreten. Vor und nach dieser Attacke habe man „Sieg-Heil-Parolen“gebrüllt und den Hitlergruß gezeigt. Später hat sich Kerkau seiner Mutter,seiner Schwester und einem Nachbarm anvertraut und sich mit seiner Tat „Schwule zu klatschen“ profiliert. Obwohl die Bochumer Polizei versucht die politische Brisanz eines rechtsradikalen Hintergrundes herauszunehmen und zu verschleiern, indem sie behauptet, daß Kerkau und Uwe K. keiner faschistischen Organisation angehören bzw. nicht organisiert sind,muß konstatiert werden, daß sie sehr wohl diesem Spektrum, auch als Obdachlose, zugerechnet werden müssen. Dieses wird nicht nur anhand der Tat mit einem homophoben und menschenverachtenden Hintergrund deutlich, sondern auch an der Gestaltung ihrer bescheidenen Lebenssituation in der Laube auf dem Brachgelände. So ließ es sich wohl gut unter Hakenkreuzen und SS-Runen leben und schlafen. Darüber hinaus sind auf dem weitläufigen Areal des Kruppgeländes
verschiedene Symbole gleicher Coleur zu entdecken, auch haben dort Schießübungen stattgefunden. Ferner ist in der letzten Zeit eine Zunahme von Aufkleber-Aktionen („Deutsche wehrt Euch“/NPD) in diesem Innenstadtbereich zu verzeichnen. Inwieweit Kerkau, Uwe K. oder andere „Kameradinnen“ und ganz „normale“ Deutsche dafür verantwortlich sind, ist im Gesamtzusammenhang nicht von maßgeblicher Wichtigkeit. Kerkau und Freund haben offen ihre rechte Gesinnung kundgetan, weitere faschistische Organisationsansätze und Übergriffe in der Öffentlichkeit alltäglich transparent. Es vergeht kein Tag, an dem nicht ausländische Menschen oder Flüchtlinge bedroht und angegriffen,Schwule,Lesben,Linke oder Obdachlose verprügelt werden. Immer öfters versuchen Alt- und Neonazis mittels Aufmärschen an die Öffentlichkeit zu gelangen. Zumeist werden diese Aufmärsche verboten und durch antifaschistische Kräfte verhindert. Auch die Bundeswehr ist durch rechtsextreme Tendenzen organisierter Nazis unterwandert, dieses haben gerade Videos mit Vergewaltigungs-und Hinrichtungsszenen gezeigt. Auch die Vergangenheit darf nicht vergessen werden. In den letzten Jahren sind bei mörderischen Brandanschlägen in Solingen, Mölln, Lübeck, Rostock, Hoyerswerda, Menschen ermordet oder schwer verletzt worden. Obwohl eindeutig eine rassistische Gesinnung organisierter Nazis im Vordergrund stand, sollten zumeist die Opfer zu Tätern gemacht werden. Dieses gelang größtenteils angesichts eines gesellschaftlichen Klimas, daß den Boden für Anschläge bot. Verantwortlich für diese gesellschaftlichen Entwicklungen sind die Politikerinnen in Bonn. Nach dem Asylkompromiß 93 und der „Das Boot ist voll“-Kampagne fühlten sich Neo-Nazis ermutigt, Flüchtlinge und ausländische Menschen anzugreifen. Doch dabei sind sie nicht stehengeblieben. Heute sollen sich alle Menschen bedroht fühlen, die nicht in ihr rechtes Weltbild eines/r aufrechten Deutschen passen. Doch auch Polizei und Justiz sind mitverantwortlich dafür, daß faschistische Übergriffe kaum strafrechtlich verfolgt werden. Immer wieder wird uns das Märchen von unorganisierten,verwirrten „Jugendlichen“aufgetischt, die aufgrund fehlender Perspektiven zu solchem Handeln fähig sind. Nichts desto Trotz sehen wir in diesem Zusammenhang eine Strategie und Methode.

1994 kam bei einem Brandanschlag in der Herner Straße der neunjährige libernesische Junge Issam ums Leben. Sein Tod ist bis heute noch nicht lückenlos augeklärt.

1997 mußte Josef Gera sterben. Wir trauern um ihn und alle anderen Opfer faschistischer Übergriffe. Wir sind aber gleichzeitig voller Wut und rufen die Bochumer Bevölkerung auf, diese Ereignisse nicht gleichgültig hinzunehmen! Kampf dem Faschismus!
Sa.,den 8.11.: Antifaschistische Demonstration in Essen Willi-Brandt-Platz Treffen:13 Uhr VISDP: Bochumer Bündnis gegen Rassismus, Faschismus,Sexismus

W BO 1NUMMER 87 MITTWOCH,15.APRIL1998 WAZ

Aus dem Zechgelage wurde eine tödliche Prügelei
Prozeß um Todesfall Josef G.: Zwei Angeklagte gestehen die brutale Gewalttat ein

Sie traktierten ihren Gast mit Fäusten, Füßen und einer Eisenstange, bis Josef G. (59) leblos dalag. Zwei Tage später starb G. an den Folgen der Gewalt-tat. Seit gestern stehen Patrick K. (26) und Uwe K. (35) deshalb vor Gericht. „Gemeinschaftlichen Mord“ hatte der Staatsanwalt zu-nächst angeklagt; das Schwur-gericht änderte die Anklage ab in „gefährliche Körperverlet-zung mit Todesfolge“, began-gen im Zustand erheblich ver-minderter Schuldfähigkeit. Denn die beiden Arbeitslosen, die in einer Holzhütte auf dem verlassenen Krupp-Gelände an der Klosterstraße hausten, hat-ten vor der Tat mit ihrem späte-ren Opfer kräftig gezecht. Am 14. Oktober, so schilder-ten die Männer gestern vor Ge-richt, hatten sie nach dem tägli-chen Alkoholeinkauf Bekannte getroffen; einer war mit Josef G. unterwegs. Die Vorräte waren reichlich, also luden Patrick K. und Uwe K. die Kumpel in ihre Hütte ein. Dort legten sich zwei der Gäste gleich aufs Ohr, wäh-rend G. mit den beiden zusam-mensaß und trank. Nach einer Weile, so Patrick K., habe er sein T-Shirt ausgezogen und seinen muskulösen Oberkör-per präsentiert. Daraufhin, so K, habe der Besuche ihn be-tatscht, habe ihn küssen wollen. Das habe er „vor Wut und Ekel“ mit massiven Fausthieben, Trit-ten und heftigen Schlägen mit der Eisenstange abgewehrt. Was G. nach Aussage des jun-gen Mannes nicht hinderte, sich später wieder aufzurappeln, weiterzutrinken und auch Uwe K. sexuell zu belästigen. Dar-aufhin, gestand Patrick K., hät-ten beide zugeschlagen, G. mit Tritten und wüsten Beschimp-fungen vor die Tür gesetzt. Ob der Ablauf tatsächlich so war, ist unklar; als Josef G. von Polizeibeamten und Sanitätern gegen 22 Uhr aus dem Indu-striegelände geborgen wurde (Anwohner hatten seine Hilfe-rufe gehört), sprach er wieder-holt von „vier Rechtsradika-len“, die ihn so böse zugerichtet hätten. Die Polizisten riefen Verstärkung und durchsuchten in der Finsternis das weitläufige Gelände. Fanden jedoch nicht die versteckte Holzbude und ihre betrunkenen Bewohner. Zweimal wurden die beiden nach der Tat als Zeugen gehört; erst nach G.s Tod im Kranken-haus kamen die Beamten ein drittes Mal mit dem Haftbefehl. „Da war ich richtig froh, alles erzählen zu können“, sagte gestern Patrick K. sise

W BO 3 NUMMER 90 SAMSTAG, 18. APRIL 1998 WAZ
Den alten Mann auf die Rolle genommen
Gefängnisstrafen für die tödliche Prügelei

Ein weiteres „Lehrstück aus der Serie: Die heil-losen Folgen des Alkohol-konsums“ endete gestern vor dem Schwurgericht mit einer Verurteilung: Für den gewaltsamen Tod des Rentners Josef G. gehen Patrick K. und Uwe K. für Jahre ins Gefängnis. Die beiden Arbeitslosen, 26 und 35 Jahre alt, wurden für gemeinschaftlich begangene Gefängnis und Äikoholiherapie Körperverletzung mit Todes-folge verurteilt: Sie hatten am 14. Oktober 1997 im Verlauf eines wüsten Gelages in ihrer Holzhütte Josef G. so schwer mißhandelt, daß dieser zwei Ta-ge später im Krankenhaus an einer inneren Blutung starb. Patrick K., der sich selbst vor Gericht als Haupttäter bezeich-net hatte, wurde zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Die muß er allerdings nicht in voller Län-ge absitzen: Das Gericht gab ihm auf, nach zweieinhalb Jah-ren Haft eine Alkoholtherapie zu beginnen. Sollte er die erfolg-reich durchstehen, so der Vor-sitzende Richter Kerstingtom¬ broke in der Urteilsbegrün-dung, könnte der junge Mann bereits nach vier Jahren wieder in die Freiheit entlassen wer-den. K. selbst hatte den Wunsch geäußert, seine Alkoholsucht behandeln zu lassen: „Ich habe jetzt gesehen, wozu man im be-trunkenen Zustand fähig ist. Ich will versuchen, wieder ein normales Leben zu führen.“ Während die Kammer dem gelernten Energieanlagen-Elektroniker eine realistische Chance auf eine geordnete Zu-kunft ohne Alkohol zubilligte, traute sie Uwe K., dem Gelegen-heitsarbeiter, dies nicht zu. Fünf Jahre Gefängnis lautete das Ur-teil in seinem Fall; für eine The-rapie, die auch er sich ge-wünscht hatte, sah die Kammer keine Aussicht auf Erfolg. Mit diesen Strafen folgte das Gericht dem Antrag des Staats-anwalts für die „rohe, gefühllo-se Tat“: Die beiden Betrunke-nen, so Justinsky in seinem Plä-doyer, hätten den kleinen alten Mann zum „Spielball ihrer Ag-gressionen“ gemacht, ihn noch schwer mißhandelt, als er be-reits hilflos am Boden lag. Er wie auch die Richter nahmen den beiden Angeklagten aber ab, daß sie ihr Opfer nicht um-bringen wollten. Vielmehr, so Kerstingtom¬ broke, seien sich die langjähri-gen Freunde einig gewesen, dem alten Mann „eine ordent-liche Abreibung“ zu verpassen. Sie hätten gewußt, daß Josef G. homosexuell war, hätten es dar-auf angelegt, „ihn mal so richtig auf die Rolle zu nehmen“: Geplant war nur eine „Abreibung“ Patrick K. habe in der unwirtli-chen Hütte seinen durchtrai-nierten, muskulösen Oberkör-per präsentiert, um den Besu-cher zum Anfassen zu reizen. Als G. tatsächlich der Verlok¬ kung nicht widerstand, hätten sie ihren Anlaß zum „äußerst brutalen Zuschlagen“ gehabt Wer G. letztlich den todbrin-genden Schlag mit der Eisen-stange oder den Tritt versetzte, sei nicht mehr rekonstruierbar, aber auch nicht entscheidend: Beide seien gleichermaßen ver-antwortlich für G.s Tod. sise