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Neonazistin betreibt Eventlocation in ehemaliger SA Kaserne “Zeche Gibraltar” in Bochum

Zeche Gibraltar in Bochum Foto: Wikipedia

Die Neonazistin Jennifer Killat betreibt seit April 2021 am Kemnader See eine Eventlocation unter dem Namen „Haus am See“. Diese befindet sich im Gebäude der ehemaligen Zeche Gibraltar an der Oveneystraße 69 in Bochum. Dabei handelt es um einen für Bochum geschichtsträchtigen Ort. Kurz nach der Machtübernahme der Nazis im Jahr 1933 entstand dort eine Kaserne der SA und damit auch ein „wildes KZ“. Gewerkschafter:innen, Sozialdemokrat:innen, Kommunist:innen und politisch andersdenkende Menschen aus Bochum wurden dorthin verschleppt, gefangen gehalten und gefoltert.

Dass knapp 90 Jahre später eine Person, die beste Kontakte in die nordrhein-westfälische Naziszene hat, dort eine Eventlocation für Hochzeiten und andere Feierlichkeiten betreibt, führt das Gedenken an diejenigen die dort misshandelt und gefangene gehalten wurden ad absurdum und ist schlichtweg nicht zu akzeptieren. Doch wer ist eigentlich Jennifer Killat?


Eine Neonaziaktivistin der verbotenen Kameradschaft „Nationaler Widerstand Dortmund (NWDO)“

Killat bewegt sich seit vielen Jahren in der Neonaziszene im Ruhrgebiet. Ihren langjährigen Lebensgefährten Dietrich „Didi“ Surmann zählt zu den führenden Köpfen der Dortmunder Naziszene. Killat selbst pflegte lange Zeit in Dortmund-Dorstfeld zu den dort lebenden gewaltbereiten Neonazis. So zählte sie, wie auch ihr langjähriger Lebensgefährte Dietrich Surmann zum „Nationalen Widerstand Dortmund“, welcher im August 2012 vom nordrhein-westfälischen Innenministerium verboten wurde. Begründet wurde das Verbot mit dem offenen Bezug zum Nationalsozialismus und der damit einhergehenden antidemokratischen Ausrichtung. So kam es in Dortmund zu zahlreichen gewalttätigen Übergriffen, die dem NWDO zugerechnet werden können. Auch der Mörder des Punkers Thomas Schulz, welcher im Jahr 2005 von einem Neonazi ermordet wurde, zählt zu eben jenen gewaltbereiten und militanten Neonazisszene zu der Killat beste Kontakte pflegt. Dass Eventlocations, die durch Nazis betrieben werden, auch ohne Probleme zu Veranstaltungsorten der extremen Rechten werden können, liegt auf der Hand. So wäre ein Rechtsrockkonzert, ein rechter Liederabend oder ähnliches in einem geschichtlich bedeutsamen Ort wie der Zeche Gibraltar, ein bei Neonazis gern angenommener Veranstaltungsort.

Jennifer Killat die Geschäftführerin
Neben der der Eventlocation „Haus am See“ betreibt Killat in Essen eine weitere Gastronomie. Sie betreibt die Event Zeche Essen an der Heßler Straße 23. Unter dem selben Namen ist auch eine GmbH angemeldet, die auf ihrem Namen läuft. Dass Jennifer Killat auch Geschäftsführerin des „Haus am See“ ist, ist erst auf den zweiten Blick ersichtlich. Nachdem sie anfänglich für beide Locations auf ihrer privaten Facebook Seite warb und auch auf Internetseiten für Hochzeitslocations als „Ansprechpartnerin“ aufgeführt wurde, änderte sich dies. Nun ist ihr Geschäftspartner Marlon H. auf eben jenen Seiten zu finden. Marlon H. ist ebenfalls auf der Internetseite der „Event Zeche Essen“ direkt unter Jennifer Killat als Ansprechpartner aufgelistet. Warum Killat mit ihrem Namen in Bezug auf das „Haus am See“ nicht weiterhin öffentlich auftritt, kann nur spekuliert werden. Vielleicht ist ihr durchaus bewusst, dass das Betreiben einer Eventlocation in einer geschichtlich bedeutsamen Örtlichkeit mit ihrem neonazistischen Hintergrund für Probleme sorgen kann. Was weiterhin dafür spricht, dass sie zusammen mit ihrem Geschäftspartner die Location bestreibt ist, dass weiterhin ihre Telefonnummer als Kontaktmöglichkeit angegeben wird und sie auch weiterhin für die Location in Hochzeitsgruppen auf Facebook wirbt.


Familie Killat: Arbeitsplatz für Neonazis

Auch dass Jennifer Killat und ihre Familie Kontakt zur extremen Rechten haben, ist keine neue Erkenntnis. So belegt einerseits die jahrelange Aktivität von Jennifer Killat ihre Kontakte in die extreme Rechte, andererseits stellte sich ihr Vater Frank Killat als beliebter Arbeitgeber für Neonazis im Ruhrgebiet heraus. In Essen betreibt er die Firma „Frank Killat Bau u. Fliesen GmbH“, die immer wieder dadruch auffiel, dass Neonazis für diese arbeiteten. Auch wurde die Geschäftsstelle der Partei „Die Rechte“ mit Hilfe von der Firma „Killat“ saniert. Jennifer Killat selbst versuchte sich, ehe sie als Gastronomin durchstartete, als Betreiberin des Modegeschäfts DetKill in Essen Borbeck. Auch dort waren regelmäßig Nazis anwesend, von denen Bedrohungen gegenüber Andersdenkenden ausgingen. Bereits dort versuchte sie mit Lippenbekenntnissen einen rechten Hintergrund ihres Ladens zu bestreiten. Ähnliches wird sie voraussichtlich auch im Bezug zu ihren neuen Geschäften versuchen.

Unternehmenshistorie Jennifer Killat

Es bleibt festzuhalten, dass das „Haus am See“ in der ehemaligen Zeche Gibraltar von mindestens einer Person betrieben wird, die einen offen neonazistischen Background hat. Nun sind die Eigentümer:innen der Immobilie gefragt, das Mietverhältnis mit Jennifer Killat und ihrem Geschäftspartner zu kündigen. Doch auch die Stadt Bochum und die anderen Geschäftsbetreiber:innen rund um den Kemnader See müssen Position beziehen. Die Gefahr, dass dort sowohl ein Arbeitsplatz als auch ein potentieller Veranstaltungsort für Nazis und Rassist:innen entsteht, ist zu groß. Es kann nicht sein, dass dort wo früher Menschen von Nazis zu Tode gefoltert wurden, heutige Nazis ein Geschäft betreiben oder gar Feste feiern.

Für die Opfer des Nationalsozialismus und all diejenigen die seit Jahren das Gedenken an diese bewahren, wäre eine solche Entwicklung eine Schande. Wir fordern die Stadt Bochum auf, die Immobilie am Kemnader See käuflich zurück zu erwerben und dort das Gedenken an die Gewaltherrschaft der Nazis wachhält indem sie eine Jugendbildungstätte in Kooperation mit Trägern der Jugendhilfe und des Bildungswesen installiert.

Recherche BO
01.12.2021

Kein Zugang für Neonazis zu sensiblen Daten!

Die Neonazi Aktivistin und Mitorganisatorin der extrem rechten Kampfsportveranstaltung „Kampf der Nibelungen“ Marina Liszczewski arbeitet für die Schufa Holding AG im sogenannten Bochumer Fenster am Massenbergboulevard 9-13. Dort ist Marina Liszczewski bereits seit einiger Zeit beschäftigt und daher in der Lage, Zugriff auf sensible Datensätze zu erhalten.

Marina Liszczewski ist seit ca. 8 Jahren fester Bestandteil der organisierten Neonazi Szene im Ruhrgebiet. Dabei unterhält sie Kontakte zu diversen Kadern der lokalen Szene und kann ebenfalls zum Kreis der Neonazikader gezählt werden. Sie ist fester Bestandteil der Neonazipartei „Die Rechte“ und pflegt darüber hinaus Kontakte zu Mitgliedern vom rechtsterroristischen Blood & Honour/Combat 18 – Netzwerk, den klandestin organisierten Hammerskins und anderen gewaltbereiten Neonazis.

Teilnahme an Neonazi Demonstrationen

Mario Schmitt und Marina Liszczewski in Bad Nenndorf am 04.08.12 Foto: Christian Jäger auf flickr

Bereits am 20.September 2011 trat Liszczewski in Unna bei einer Demonstration mit dem Motto „Überfremdung stoppen! Dem deutschen Volkstod entgegenwirken!“ als Rednerin auf. Damals wurde sie als „Kameradin aus Unna“ vorgestellt, wie die Antifa United in „Neonazistische Aktivitäten im Kreis Unna: Chronik 2011-2013“ dokumentierte. Auch danach nahm sie an zahlreichen Demonstrationen der extremen Rechten im gesamten Bundesgebiet teil. U.a. nahm sie noch in ihren frühen Jahren als Demonstrationsteilnehmerin ohne nennenswerte Aufgabe beim Naziaufmarsch im März 2012 in Münster und im Juni 2012 in Hamburg teil. Bereits 2 Monate später reiste sie mit Ruhrgebiets Nazis nach Bad Nenndorf, um dort an einer neonazistischen Gedenkdemonstration teilzunehmen. Auch hier unterhielt sie schon Kontakt zu Bochumer Neonazis wie Mario Schmitt, um den es in den letzten Jahren etwas ruhiger geworden ist.

Beim Gedenken im August 2012 übernahm sie schon eine exponiertere Aufgabe. Sie trug den Gedenkkranz in vorderster Reihe und war auch bei der Kranzniederlegung im Zentrum des Geschehens. Ein Jahr später nahm sie dort erneut teil. Diesmal führten die Neonazis dort einen Fackelmarsch durch. Bilder zeigen sie dort u.a. mit dem Hauptorganisator des „Kampf der Nibelungen“ und langjährigen Neonazikader Alexander Deptolla aus Dortmund.

Am 01. Mai 2015 nahm Liszczewski an der Mai-Demonstration der Partei „Die Rechte“ in Essen teil. Später rühmten sich die Neonazis im Netz damit, dass sie dort die Parolen „1. Mai – Seit 33 arbeitsfrei!“ und „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ wiederholt skandierten. Hier gehörte Marina Liszczewski bereits zum festen Kern der Dortmunder Naziszene und lebte u.a. im selbsternannten „Nazi Kiez“ Dortmund Dorstfeld. Kurze Zeit später reiste sie auch zum sogenannten „Tag der deutschen Zukunft“ nach Neuruppin, welcher sich seit einigen Jahren zum jährlich stattfindenden neonazistischen Großevent herausgebildet hat.

In den Jahren 2017 und 2018 nahm sie u.a. an den Gedenkdemonstrationen für den Stellvertreter Hitlers Rudolf Hess teil. Dazu reiste sie nach Falkensee und Berlin. Auf den Bildern aus dem Jahr 2018 ist sie mit einem T-Shirt für die inhaftierte Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck zu sehen.  Dass das sicherlich nicht alle Demonstrationen waren, an denen Liszczewski in den vergangenen Jahren teilgenommen hat, liegt nahe. Diese Auflistung macht jedoch deutlich, dass sie eine ideologisch gefestigte Naziaktivistin ist, welche seit Jahren zum festen Bestandteil der bundesdeutschen Neonaziszene gehört.

Die Rechte
Marina Liszczewski kann dem festen Kern der Partei “Die Rechte” zugeordnet werden. „Die Rechte“ ist eine neonazistische Partei, welche vom Neonazi Christian Worch im Mai 2012 gegründet wurde. Die Wahlresultate der Partei sind zwar verschwindend gering, im Ruhrgebiet und im Rheinland diente die Partei jedoch als Auffangbecken für Neonazis, welche im Jahr 2012 von dem Verbot diverser Kameradschaften betroffen waren. So auch der Nationale Widerstand Dortmund, der seit dem Verbot unter dem Label „Die Rechte Dortmund“ agiert. So hieß es in der damaligen Verbotsverfügung: „Die Mitglieder lehnen unsere Demokratie und die geltende Rechtsordnung ab. Sie bekennen sich offen zum verbrecherischen Nationalsozialismus und zu führenden Personen dieses menschenverachtenden Systems. Alle ihre Aktionen sind darauf gerichtet, unsere demokratische Gesellschaftsordnung zu untergraben.“

Auch nach dem Verbot provoziert „Die Rechte“ mit klaren NS Bezügen. So erst im Juli, wo sie sich mit dem Mörder von Walter Lübcke solidarisierten und durch einen bewusst gewählten Rechtschreibfehler die Worte „Ofen“ und „SS“ hervorhebten. Im Jahr 2014 gelangten die Dortmunder Nazis zudem in die bundesweite Berichterstattung, da sie im Rat der Stadt Dortmund eine Auflistung aller in Dortmund lebenden Jüdinnen und Juden anfragten. An dieser Stelle wird deutlich, welche Brisanz es hat, wenn Neonazis Zugriff auf Register und Datenbanken haben. Sie nutzen diese, um Informationen über Jüdinnen und Juden, politische Gegner*innen, Homosexuelle und alle weiteren, die nicht in ihr menschenverachtendes Weltbild passen, zu sammeln.

Der Kampf der Nibelungen
Eine weitere Verbindung hat Marina Liszczewski zum sogenannten „Kampf der Nibelungen“(kurz:KDN). Der KDN hat sich in den letzten Jahren zum wichtigsten Kampfsportevent der extremen Rechten im deutschsprachigen Raum entwickelt. Liszczewski kann als Mitorganisatorin des KDN bezeichnet werden. Weiterhin ist diese Veranstaltung nicht nur als reine Sportmarke bzw. Kampfsportveranstaltung zu verstehen, vielmehr trägt diese auch dazu bei, dass sich militante Neonazis vernetzen und sich für den Straßenkampf tauglich machen.

Dies zeigt auch die Beteiligung zahlreicher bereits bekannter militanter Neonazis. So nahm im Oktober 2018 auch Sven Kahlin am KDN teil. Kahlin erstach im Jahr 2005 den Punker Thomas Schulz in Dortmund. Auch Robin Schmiemann, Aushängeschild von Combat 18 Deutschland, beteiligte sich am KDN. Er war am Einlass gut sichtbar als Ordner tätig. Combat 18 ist der bewaffnete Arm des in Deutschland verbotenen rechtsterroristischen Netzwerks Blood & Honour. Schmiemann, der es in jüngster Vergangenheit desöfteren in die Medien schaffte, schoss im Jahr 2007 nach einem Überfall auf einen Supermarkt einem Migranten in die Brust. Im Jahr 2013 wurde bekannt, dass er zudem der Brieffreund von der sich in Haft befindenen Beate Zschäpe (NSU) sei.Nachweislich betreute Liszczewski beim diesjährigen neonazistischen „Schild und Schwert“- Festival in Ostritz den Stand des KDN. Auch bei einem Kampfsport Seminar des KDN in Castrop-Rauxel war sie an der Organisation beteiligt. Hinzu kommt ein Bild, welches sie am 30. November 2018 in Eisenach bei der Weihnachtsfeier des KDN im Kreise der Organisator*innen des KDN zeigt.

Hammerskins
Die Organisation des KDN wird maßgeblich durch die Neonazi-Bruderschaft Hammerskins übernommen. Die Hammerskins sind eine klandestin arbeitende Gruppierung, welche durch den Verkauf von Rechtrock CDs und der Organisation von Konzerten Geld einnimmt. Die beiden Hauptorganisatoren des KDN, Malte Redeker und Alexander Deptolla, sind Mitglieder der Hammerskins. Doch auch Marina Liszczewskis Lebensgefährte, Stefan Held, ist Teil der sogenannten Bruderschaft. So übernahm dieser beim KDN im Oktober 2018 ebenfalls die Funktion eines Ordners.

Keine sensiblen Daten für Nazis!
Wie der hier kurz geschilderte Werdegang von Liszczewski belegt, unterhält sie zahlreiche Kontakte zu militanten und gewaltbereiten Neonazis. Durch ihr Engagement als Mitorganisatorin des KDN ermöglicht sie genau diesen eine Plattform, um sich zu vernetzen und auf den Straßenkampf vorzubereiten. Auch dienen Großveranstaltungen den Neonazis dazu, größere Geldbeträge einzunehmen, die wiederum in die Szene fließen. Dass damit auch Waffen besorgt werden können, ist kein Geheimnis.

Marina Liszczewski ist durch ihre Tätigkeit bei der Schufa in der Lage, an Informationen und sensible Daten von Migrant*innen, Jüdinnen und Juden und politischen Gegner*innen zu gelangen. Wir fordern die umgehende Kündigung von Marina Liszczewski, da ihre Anstellung mit jedem weiteren Tag das gefährliche Potential birgt, dass persönliche Daten und Adressen in die Neonaziszene gelangen.

 

Recherche BO

P.S.: Vielen Dank an Runter von der Matte, Exif-Recherchen, Recherche Nord, Pixelarchiv und die LOTTA. Auf ihre Recherchen und Arbeiten beziehen wir uns in diesem Text.