Schlagwort-Archive: Leon Biallawons

Ein Überblick: Die extreme Rechte in Bochum im Sommer 2024

Die 3000 Menschen, die mit uns kürzlich gemeinsam gegen Rechts auf der Straße waren, sind ein ermutigendes Zeichen. Ebenso die mutigen und engagierten Anwohner*innen, die sich gerade gegen die Nazikneipe „Linie 5“ wehren. Bochum ist stabil und muss jetzt beweisen, dass es stabil bleibt – trotz alledem!

Wir haben das Alsenstraßenfest zum Anlass genommen, interessierten Menschen einen Überblick über extrem rechte Strukturen in Bochum zu geben. Dazu haben wir einen übersichtlichen Infoflyer erstellt, der in aller Kürze die relevanten Strukturen skizziert:

Hier noch einmal in Textform:

Alternative für Deutschland und Junge Alternative (AfD & JA)

Der AfD-Kreisverband Bochum fällt gelegentlich mit Wahlkampfständen in der Innenstadt oder in Bochumer Stadtteilen auf, wo er oft mit Gegenprotest konfrontiert ist. Der Bochumer AfD-Landtagsabgeordnete und Kreissprecher Christian Loose als ehemaliger RWE- Controller vertritt rassistische, marktradikale Positionen und umweltfeindliche Positionen. Auch wenn er weniger verbalradikal als Höcke auftritt, hält er trotz all der menschenverachtenden Aussagen und Pläne seiner Parteikameraden dieser in großen

Teile neofaschistischen Partei die Treue. Das durch antifaschistische Recherche und Protest verhinderte AfD-Geheimtreffen bei Mutter Wittig am 22.5.2024 zeigt weiterhin, dass auch der Dortmunder Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich in Bochum versucht sein Netzwerk auszubauen. Das selbsternannte „freundliche Gesicht des NS“ ist ein Höcke-Vertrauter und versucht in Bochum insbesondere den rechten Nachwuchs der „Jungen Alternative“ (JA) an sich zu binden. Die JA in Bochum wird vom Wattenscheider Leon Biallawons geleitet, der ebenso wie Helferich die Ideen von Massendeportationen („ millionenfache Remigration“) vertritt und diese auch mittels Aufklebern verbreitet. Für mehr Informationen: http://afd- watch-bochum.net/

Die Heimat (ehem. NPD)

„Die Heimat“ war im letzten Wahlkampf nahezu unsichtbar, was auch mit der AfD und der klammen Kasse der Partei zu tun hat. Die Umbenennung im Jahr 2023 erfolgte aus strategischen Gründen und sollte nach einem langjährigen Niedergang einen Neustart markieren. Davon ist in NRW jedoch nichts zu merken. Nach wie vor wird die mittlerweile von der Parteienfinanzierung ausgeschlossene Partei vom Wattenscheid Claus Cremer geführt. Dieser unterhält enge Kontakte zu den gewalttätigen Dortmunder Neonazis und sitzt für diese im Dortmunder Rat, nachdem er zuvor aus dem Bochumer Stadtrat geflogen war. Mittlerweile gibt es jüngere Neonazis in Bochum, die in gewissen Bochumer Stadtteilen Naziaufkleber verteilen. Recherchen dazu laufen.

Die Nazikneipe „Linie 5“

Nachdem die Pächterinnen Monja Oberländer und Rosalie Meuche die Traditionskneipe „Linie 5“ im Sommer 2021 übernahmen kam es in unregelmäßigen Abständen zu Vorfällen und Treffen, die aufmerksame Beobachter*innen und Anwohner*innen bereits hellhörig werden ließ. Für die Öffentlichkeit klar lag der Fall nach dem dokumentierten Nazikonzert der Rechtsrockband

„Kategorie C“ am 22. Juni 2024. Zwei Wochen später fanden sich erneut eine gewaltbereite Neonazigruppierung und rechtsoffene Rockerstrukturen in der Kneipe ein. Seitdem wurden nahezu wöchentlich weitere Verbindungen in die rechte und gewaltaffine Szene bekannt. In Reaktion auf die rechten Umtriebe gründete sich die Nachbarschaftsinitiative „Klare Linie gegen Rechts“ (https://klarelinie.noblogs.org/). Mittlerweile öffnet die Kneipe nur noch unregelmäßig und die Gäste bleiben aus. Wir alle kämpfen weiter für eine Traditionskneipe „Linie 5“ in der alle Menschen willkommen sind.

Die extreme Rechte in der Einwanderungsgesellschaft

Selbstverständlich existieren rechte, autoritäre Strukturen auch in migrantischen Milieus, die jedoch häufig unterhalb des Radars der deutschen Mehrheitsgesellschaft bleiben. Die in der Humboldtstraße angesiedelte „Islamische Gemeinschaft Milli Görüs“ strebt eine „gerechte Ordnung“ nach islamischen Prinzipien an. Die in Dahlhausen ansässige „Bochum Ülkucü Ocagi“ gehört der „Türkischen Federation“ an. Sie stehen der türkisch-nationalistischen Partei MHP nah, sind gewaltbereit und rekrutieren junge Menschen für die „Grauen Wölfe“. Die „MuslimStudentsNRW“ steht der islamistischen Furkan- Bewegung nah und propagiert eine autoritäre Gesellschaft auf Grundlage der Scharia. Sie warb zuletzt sogar an der RUB um junge Muslim*innen. Der „Islamische Kulturverein Bochum“ plant eine große Moschee in Bochum, verfügt jedoch über personelle und strukturelle Verbindungen zur Muslimbruderschaft und zu salafistischen Gruppen.

Wast tun?

Einmal durchatmen und dann aktiv werden. Entweder ihr bildet mit Freund*innen einen Freundeskreis gegen Rechts oder ihr schließt euch einer der zahlreichen Gruppierungen in Bochum an, die bereits gegen Rechts aktiv sind (Antifagruppen, Omas gegen Rechts, Bündnis gegen Rechts, Antifa Café, Parteijugenden…). Ihr könnte aber auch ganz alleine aktiv sein: bleibt stabil und sorgt mit Gesprächen und Argumenten dafür, dass euer Umfeld es auch tut. Reißt Nazipropaganda ab und sorgt mit Aufklebern und anderen Dingen dafür, dass Nazis keine Wirkung entfalten können. Ihr könnt rechte Übergriffe oder Informationen über Täter melden: antifalinke@riseup[dot]net. Für mehr Infos hier lang: antifabochum.noblogs.org.

Nie wieder Faschismus! Dafür lasst uns gemeinsam kämpfen!

 

 

Das „freundliche Gesicht des NS“ erlebt sein Stalingrad in Bochum

JA in Bochum – Gegenprotest II 22.05.24

Am 22.05.2024 führte die extrem rechte AfD-Nachwuchsorganisation „Junge Alternative Südwestfalen-Ruhr“ um 18.30 Uhr eine klandestine Veranstaltung im bekannten Bochumer Restaurant „Mutter Wittig“ durch. Die geladenen AfD-Mitglieder und ihr Nachwuchs blieben jedoch nur kurz ungestört, bevor sich spontaner Protest vor dem Gasthaus einfand

 

Am 10. Mai hatte sowohl die „Junge Alternative Bochum“, als auch die „Junge Alternative Südwestfalen Ruhr“ die Veranstaltung über ihre Instagramprofile beworben, den Veranstaltungsort dabei jedoch verschwiegen. Genauso verheimlichte zu diesem Zeitpunkt eine junge Frau den Hintergrund der Veranstaltung gegenüber dem Restaurant „Mutter Wittig“, die dort für eine „private Veranstaltung“ einen Raum in der ersten Etage anmietete. Auf dem Sharepic wurden als Referenten des Abends der Dortmunder Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich sowie der Siegener Kreistagspolitiker Christian Zaum angekündigt. Beide gehören zum Höcke-Netzwerk in NRW, wie sich bereits am Volkstrauertag 2023 an der Hohensyburg und bei Höckes protestbegleitetem Besuch der Kokerei Hansa am 1. Mai 2024 zeigte. Matthias Helferich bezeichnete sich in der Vergangenheit bereits als „freundliches Gesicht des NS“ oder als „demokratischer Freisler“. Er prahlte gegenüber seinen Parteikollegen auch mit seinen Kontakten in die Dortmunder Naziszene („ich kenne die Jungs aus Dorstfeld“). Wer sich für die interne Veranstaltung in Bochum anmelden wollte, musste sich per Mail an Mike Barthold wenden. Dieser ist nach dem Parteiausschlussverfahren gegen den Identitären und extrem rechten Burschenschafters Nils Hartwig an dessen Stelle als Helferichs Adlatus nachgerückt. Helferich versucht wie Höcke die eigene Parteijugend auf seinen menschenverachtenden Kurs zu bringen, weshalb er nicht nur junge Parteikader an sich bindet, sondern auch mithilfe seiner Mandatsgelder anstellt und sich mit ihnen umgibt. In NRW ist Helferich damit der Radikalisierungsmotor und Höckes Griff nach dem mitgliederstärksten AfD-Landesverband. Offensichtlich versucht Helferich nun mithilfe vereinzelter junger, rechter Eigengewächse seinen Einfluss in Bochum geltend und damit dem Bochumer AfD-Landtagsabgeordneten Christian Loose im eigenen Kreisverband Konkurrenz zu machen.

Der Veranstaltungsort unterlag größter Geheimhaltung und nur Parteimitglieder waren erwünscht. Trotz größter Geheimhaltung gelang es aufmerksamen Antifaschist*innen dennoch den Ort ausfindig zu machen. Die schwelenden Grabenkämpfe innerhalb der AfD taten bei der Suche nach dem Ort ihr Übriges und so fanden sich bereits kurz nach dem Eintreffen der ersten JA-Schnösel Protestierende ein. Die Technik für die Präsentationen von Helferich und Zaum besorgte die „Junge Alternative Mülheim“ in Person von Luca Hofrath. Weiterhin anwesend waren JA-Mitglieder aus Dortmund und Wattenscheid. Die an diesem Abend anwesende Ortsgruppe aus Wattenscheid wird gerade von Leon Biallawons aufgebaut, der sich ebenfalls dem völkischen Lager in der AfD zuordnet und bereits in seiner Umgebung im Wattenscheider Zentrum extrem rechte Sticker verklebt, auf denen die millionenfache Deportation von „Nichtdeutschen“ gefordert wird. Biallawons ist seit 3 Jahren in der Jungen Alternative aktiv, bekleidet mittlerweile Posten in dieser extrem rechten Parteinachwuchsorganisation und ist für den Instagramaccount der JA-Bochum verantwortlich. Im Nachgang der Veranstaltung fuhren die jungen Rechten mit dem anwesenden Siegener AfD-Rechtsaußen Christian Zaum in seinen Kreisverband und unterstützten diesen beim EU-Wahlkampf.

Nachdem der AfD-Parteinachwuchs die Gaststätte leicht verspätet gegen 18.30 Uhr betreten hatte, begann ihre Veranstaltung im ersten Obergeschoss zunächst wie geplant. Offenbar hatten sich Helferich und seine Helfer das zentrale und renommierte Bochumer Restaurant für ihre interne Veranstaltung ausgesucht, um im Nachgang damit prahlen zu können, endlich auch mitten in Bochum eine Veranstaltung durchführen zu können. Dieser Plan scheiterte jedoch, als sich der lautstarke Protest plötzlich auf der Straße formierte und die irritierten und nervösen Gesichter an den Fensterscheiben des ersten Obergeschosses das Ende ihrer Veranstaltung zur Kenntnis nehmen mussten. Fortan herrschte im ersten Obergeschoss hektische Betriebsamkeit, einzelne AfD-Mitglieder versuchten Protestierende abzufotografieren, während andere nervös eine Zigarette nach der anderen vor dem Lokal rauchten. Der Hauptverantwortliche des Abends, Mike Barthold versuchte sich derweil mit besorgter Miene gegenüber der herbeigeeilten Polizei und der Restaurantpächterin in die Opferrolle zu flüchten. Dabei war er es, der das Restaurant über eine Strohfrau nicht nur bewusst getäuscht hatte, sondern auch für die eigene Inszenierung instrumentalisieren wollte. Dass dies dem Ruf des Restaurants massiv geschadet hätte und zumindest an diesem Abend in massive Erklärungsnot brachte, war den Rechten egal. Über die Zeit wuchs der laute Protest vor und rund um das Lokal auf knapp 100 Leute an, auch Passant*innen und Jugendliche reihten sich spontan an. Der ansonsten so verbalradikale Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich und seine Gefolgsleute versteckten sich derweil über 2 Stunden im Inneren des Restaurants und nahmen damit auch normale Gäste in Geiselhaft. Insbesondere beim Anblick der bonzig-biederen AfD-Jünglinge in schlechtsitzenden Anzügen traf der immer wieder vorgetragene Slogan „rassistisch, sexistisch, neoliberal! AfD – Partei fürs Kapital“ voll ins Schwarze.

Helferich und Zaum im Bochumer Antifa Kessel

Über gut 2 Stunden verbrachten diese Anhänger von Vertreibungsfantasien im „Antifa Kessel“ von Bochum und verlangten dabei für ihren Rückzug mehr Polizei. Der Protest verlief durchweg friedlich aber bestimmt. Als schließlich gegen 21 Uhr eine Einsatzhundertschaft am Restaurant eintraf, flüchteten die Rechten schließlich über den Hinterausgang unter „Haut ab“-Rufen, während der Protest mit einem warmem Chili versorgt wurde und den Abend gebührend ausklingen ließ. Die WAZ meldete im Nachgang, dass ein Reifen eines Autos eines Mitglieds der Jungen Alternative Luft verloren haben soll.
Die spontane Überforderung der Pächterin mit der Situation, in den sie von der AfD gebracht wurde, ist nachvollziehbar. Schließlich machte sie von ihrem Hausrecht Gebrauch und schmiss die Rechten aus dem Lokal, die sich jedoch aufgrund ihrer Angst über 2 Stunden nicht aus dem Lokal wagten. Im Nachhinein erschien eine stabile Stellungnahme des Restaurants zu dem Vorfall: https://www.mutterwittig.de. Der Betreiber kündigt zudem an, künftig derartige Anmeldungen genauer prüfen zu wollen. Auch die WAZ berichtete: https://www.waz.de/staedte/bochum/article242403006/Rechtsextremes-Treffen-Polizei-Einsatz-und-Antifa-Demo.html und https://www.waz.de/staedte/bochum/article242402970/Rechtsextremes-Treffen-in-Traditionslokal-Paechter-entsetzt.html

Für das AfD-Netzwerk um Helferich ist der Versuch in Bochum einen Fuß auf den Boden zu bekommen bereits im Ansatz gescheitert. Ihr Geheimtreffen wurde an diesem Abend nach nur 30 Minuten beendet und zu einem äußerst unangenehmen 2-stündigen Aufenthalt für die Rechten. Danke an alle aufmerksamen und spontanen Antifaschist*innen. Jetzt sind wir am Drücker!

Der ganze Pott hasst die AfD!
Wir sehen uns in Marl und Essen!

Antifaschistiche Linke Bochum,
Mai 2024

Weiter Bilder: