Es ist Wahlkampf in NRW. Am 25. Mai 2014 finden Kommunal- und Europawahlen statt. An dieser Stelle möchten wir über den Hintergrund der rechten Parteien und ihre menschenverachtenden Einstellungen informieren. Zur Wahl treten neben der offen neonazistischen NPD auch die selbsternannte Bürgerbewegung ProNRW und die rechstpopulistische „Alternative für Deutschland“ an.
Die extreme Rechte und Wahlen
Die anstehenden Kommunal- und Europawahlen bieten rechten und rassistischen Parteien die Möglichkeit ihre Ideologien zu verbreiten. Ein Sitz im Bochumer Stadtrat oder gar im Europaparlament ist mit der Hoffnung verknüpft, realen Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung ausüben zu können. Mit der Wahl eröffnet sich auch die Möglichkeit an finanzielle und infrastrukturelle Ressourcen zu gelangen. So werden Rats- und Parlamentsmitgliedern Aufwandsentschädigungen und Räume zur Verfügung gestellt, die sie für ihre Zwecke nutzen können. In der Vergangenheit waren solche Geschäftsstellen von NPD und ProNRW immer wieder auch Treffpunkt der militanten Neonazis-Szene, sei es um auf städtische Kosten Flugblätter zu kopieren oder als Ausgangspunkt für Aktionen.
Mit dem Wegfall der 3%-Hürde bei der Europawahl könnten gleich mehrere rechte Parteien den Sprung ins Europaparlament schaffen. Aber auch dem Bochumer Stadtrat droht mit der Kandidatur von ProNRW, der NPD und der AfD eine weitere Verschiebung nach rechts.
NPD — Die Brandstifter
Die heute einflussreichste extrem rechte Partei ist die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD). Die Partei ist offen demokratiefeindlich und propagiert ein biologistisches Rassenkonzept mit daraus abgeleiteten politischen Forderungen. 2011 trat die NPD im Berliner Wahlkampf sogar mit einer offensichtlichen Anspielung auf den Genozid an den europäischen Jüdinnen und Juden in deutschen Konzentrationslagern an. Sie setzte den Slogan „Gas geben“ über das Konterfei des diesjährigen EU-Wahl Spitzenkandidaten und Holocaust Leugners Udo Voigt auf ihren Wahlplakaten. 2013 warb die rechte Partei mit zutiefst rassistischen Slogans wie „Maria statt Scharia“ oder „Geld für die Oma statt für Sinti und Roma“ für die Bundestagswahl. Im Januar 2014 wurde ein neuer Parteichef gewählt: Udo Pastörs. Er will gewalttätige Neonazi-Gruppen und freie Kameradschaften wieder an die Partei heranführen und bezeichnete Deutschland offen als „Judenrepublik“.
Der NRW-Landesvorsitzende der NPD ist der aus Wattenscheid stammende Claus Cremer. Er sitzt bereits seit 2009 im Bochumer Stadtrat und ist wegen Volksverhetzung vorbestraft. Sein Günstling, der ehemalige „NPD-Jugendbeauftragte“ André Zimmer musste die Partei 2011 offiziell verlassen. Er hatte versucht, seine Schule anzuzünden. Im Oktober 2013 wurde er wegen Verherrlichung des NSU und weiteren Straftaten zu 27 Monaten Haft verurteilt. Zimmer hält sich weiterhin im Umfeld der NPD und deren Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN) auf. Markus Schumacher, ebenfalls NPD/JN-Aktivist und „Referent der NPD im Rat der Stadt Bochum“, organisierte federführend im Februar 2014 eine Kundgebung für die militante Kameradschaft „Volkssturm Deutschland“ gegen eine Flüchtlingsunterkunft in Wiemelhausen.
In Bochum verfügt die NPD über ein „Bürgerbüro“ in städtischen Räumlichkeiten in der Innenstadt. Das Büro wurde der NPD von der Stadt Bochum zugestanden, obwohl hierfür offenbar keine juristische Notwendigkeit besteht. Auch wenn die Bochumer NPD augenscheinlich aus Dilettanten besteht, ist es ihr in den letzten Jahren immer wieder vereinzelt gelungen, junge unbedarfte Mitglieder um sich zu scharen.
ProNRW — Die Biedermänner
Die sogenannte Bürgerbewegung ProNRW wurde 2007 gegründet und ist eine Schwesterpartei von ProKöln, der Keimzelle verschiedener Pro-Parteien in Deutschland. ProNRW-Gründer Markus Beisicht machte vorher Karriere in der neonazistischen „Deutschen Liga für Volk und Heimat“. Von Beginn an hetzten ProNRW Anhänger*innen gegen den Bau von Moscheen sowie eine vermeintliche Islamisierung Deutschlands. Die Politik von ProNRW ist rassistisch fundiert und versucht mit dem Thema Islam auf Stimmenfang für ihre menschenverachtende Politik zu gehen.
ProNRW könnte oberflächlich als das bürgerliche Pendant zur wesentlich rabiateren NPD gesehen werden. Doch auch wenn sie sich als demokratische und bürgerliche Partei darzustellen versucht, ist ProNRW eine zutiefst rassistische Partei. Das in Deutschland schon sehr restriktive Asylrecht möchte ProNRW noch weiter aushöhlen und so die ohnehin geringe Möglichkeit für Flüchtlinge, hier Schutz zu finden, zunichte machen. Auch die hier lebenden Flüchtlinge werden Opfer der Hetze von ProNRW. So gab es in der Vergangenheit immer wieder Kundgebungen vor Flüchtlingsunterkünften. Die Partei will eine ethnisch homogene Volksnation, in der es keine Abweichungen gibt und sieht Deutschland durch eine vermeintliche „Überfremdung“ in seiner Existenz bedroht.
Zur Zeit läuft ein Verfahren gegen die ProNRW-Spitze wegen bandenmäßigen Betrugs. Vier Kölner Ratsmitglieder sollen zu Unrecht Sitzungsgelder kassiert haben. Gegen weitere Anhänger der als verfassungsfeindlich eingestuften Partei ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Wahl- und Urkundenfälschung. Mitglieder sollen Unterschriftenlisten zur Kandidatur für die Europawahl gefälscht haben. Jüngst berichtete die Zeitung WAZ darüber, dass die Bochumer ProNRW-Spitzenkandidaten Hans-Joachim Adler und Francis Marin sich beim Sammeln der Unterschriften als städtische Mitarbeiter ausgegeben hatten. Auch der Bochumer André Picker, Rechtsanwalt der militanten Naziszene, ist aktives Mitglied von ProNRW. Der ex-„Republikaner“ verteidigt mit Vorliebe straffällig gewordene Rechtsradikale jeglicher Art, u.a. gewalttätige Nazis aus Dortmund.
Alternative für Deutschland (AfD) — Die neue Rechte?
Die Alternative für Deutschland (AfD) wurde 2013 gegründet und ist die neueste rechtspopulistische Partei. Ein bekannter Punkt des AfD-Programms ist die Ablehnung der Euro-Rettungspolitik und die damit einhergehende Abschaffung des Euros oder die Trennung in einen Nord/Süd-Euro. Auch wenn die derzeitige europäische Politik von unterschiedlichen Seiten kritisiert wird, fordert die AfD eine national-konservative Abgrenzung gegen andere Länder, die auf die Begünstigung einiger weniger abzielt.
Die AfD verlangt eine Neuordnung des Einwanderungsrechts: Sie meint, Deutschland brauche ausschließlich qualifizierte und “integrationswillige” Zuwander*innen und fordert daher, Punkte für wirtschaftliche und staatliche Nützlichkeit von eingewanderten Menschen zu vergeben. Diese Art von Nützlichkeitsdenken gibt es bei der AfD auch in anderen Diskussionen, wie um Hartz-4-Empfänger*innen. Menschen ausschließlich nach ihrer ökonomischem Nutzen zu beurteilen, ist jedoch der Nährboden auf dem Sozialchauvinismus und Ausgrenzung gedeihen. Heute schon leben viele Menschen, die aus anderen Ländern hierher kamen, unter sehr schlechten Bedingungen und politisch Verfolgte erhalten immer seltener Asyl. Ginge es nach der AfD hätten es diese Menschen bald noch schwerer.
In der Vergangenheit hatten Mitglieder der AfD immer wieder Kontakte in die rechte Szene. So schreiben AfD-Mitglieder Beiträge in der rechten Zeitung „eigentümlich frei“, in der auch bekannte rechte Autor*innen publizieren, z.B. Claus Nordbruch der enge Kontakte zu Neonazis aus dem „Thüringer Heimatschutz“ hat. Publizistische Unterstützung erhält die AfD bis heute von der neu-rechten Zeitung „Junge Freiheit“. Die Kandidatin für das europäische Parlament, Beatrix von Storch, ist im Zuge des Wahlkampfes mit homophoben Äußerungen negativ aufgefallen und hat sich in der Vergangenheit als rechte Netzwerkerin einen Namen gemacht. Konrad Adam, der 2013 zum Parteisprecher der AfD gewählt wurde, ist ebenfalls mit menschenverachtenden Äußerungen aufgefallen. So forderte er 2006 in einem Artikel in der Welt, dass Empfänger*innen von Sozialleistungen das Wahlrecht entzogen werden sollte.
Die AfD vereint in sich deutschnationale, homophobe und sozialchauvinistische Positionen und steht damit zu Recht in einer Reihe mit anderen rassistischen und rechtspopulistischen Parteien in Europa. Das gute Abschneiden der AfD bei der letzten Bundestagswahl zeigt, dass einfache Problemlösungsangebote Gehör finden. Gerade weil sich die AfD aus Teilen des Establishment zusammensetzt, ist die Gefahr groß, dass es ihr gelingt rechte und menschenfeindliche Positionen salonfähig zu machen.
Den rechten Wahlkampf sabotieren!
Dem Wahlkampf dieser rechten Parteien werden wir entschlossen entgegen treten. Rechte Propaganda ist weder auf der Straße noch in den Parlamenten willkommen. Wir rufen alle auf, den Wahlkampf von Nazis und Rechtspopulist_innen kritisch zu begleiten und ihnen keine Möglichkeit zu lassen, sich im öffentlichen Raum zu präsentieren. Ob offen nazistisch oder unter bürgerlichem Deckmantel: Faschismus ist immer noch keine Meinung, sondern ein Verbrechen!
Ob Straßen, Köpfe oder Parlamente: Kein Fußbreit den Faschisten!
Den rechten Wahlkampf in Bochum unmöglich machen!
Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda!