Von Korso, Verlegung und Postkarten – Stand der Dinge bei den Verschwörungsideolog*innen in Bochum

Nachdem es zuletzt um die verschwörungstheoretische Szene in Bochum wieder etwas ruhiger wurde, verzeichnen die jüngsten Aktionen etwas mehr Zulauf und lenken verstärkt die Aufmerksamkeit auf “Querdenken” und andere Verschwörungsideolog*innen in Bochum.

“Für den Erhalt der Freiheit”

Anfang des Jahres erregte die verschwörungsideologische Kundgebung “Für den Erhalt der Freiheit”, um Organisator Peter Florian, vermehrt Aufmerksamkeit. Da unteranderem die extrem rechte “Bruderschaft Deutschland” aus Düsseldorf an dieser teilnahm. Während die Bruderschaft bei ihrem ersten ungebetenen Besuch in Bochum von Unbekannten in die Schranken gewiesen wurde, endete der zweite Auftritt der Bruderschaft und ihrer Kamerad*innen aus Essen, Mülheim und Köln in Platzverweisen. Wir berichteten.

Danach verirrten sich kaum noch Teilnehmende zu Peter Florians Kundgebung. Inzwischen findet die Kundgebung nicht mehr auf Bochumer Stadtgebiet statt und wurde auf den Willy-Brand-Platz in Essen verlegt – mit ähnlich niedrigen Zulauf. Grund für die Verlegung war die gleichzeitig in der Bochumer Innenstadt stattfindende Veranstaltung von “Querdenken 234”. Der Gegenwind, den die Veranstaltenden in Bochum erhalten haben, wird bestimmt auch seinen Teil zu der Verlegung beigetragen haben. Danke an alle, die sich Verschwörungsideolog*innen konsequent in den Weg stellen!

“Querdenken 234” – Autokorso und Demos

Während die Gruppe um Peter Florian ihre Aktivitäten verlegt hat, ist “Querdenken 234” aktiver geworden. Bei den bisherigen Standkundgebung am Husemann Platz fanden sich ca 60 Personen ein. Aktuell wächst diese Zahl an. Da Querdenken mittlerweile nicht nur eine Standkundgebung abhält, sondern seit dem 27.02.2021 wöchentlich in einem kleinen Demonstrationszug durch die Bochumer Innenstadt zieht, ist die Anzahl der Teilnehmenden auf zuletzt ca 100 Personen gestiegen.

Inhaltlich unterscheidet sich die neue Veranstaltung jedoch wenig von den vorherigen, neben dem üblichen Geschwarfel wird aber auch den Teilnehmenden Redezeit am “Open-Mic” gewährt.
Bisher ist “Querdenken” bei ihrem Demonstrationszug die drei Stationen Ordnungsamt, Rathaus und Gesundheitsamt abgelaufen, um dort Postkarten mit diversen verschwörungsideologischen Forderungen einzuwerfen. Sollte es bei diesem Konzept bleiben, sind keine Veränderungen der Route zu erwarten. Da “Querdenken 234” zuletzt an Bedeutung verloren hatte, erlag auch der wahrnehmbare Gegenprotest zunehmend. Es ist Zeit das zu ändern! Diese Woche Samstag (13.03.21) findet keine Demonstration von “Querdenken” in Bochum statt. Die Gruppe mobilisiert die Gruppe zur Großveranstaltung in Düsseldorf.

Eine engere Vernetzung zwischen der Bochumer “Querdenken” Gruppe und “Querdenken 211” aus Düsseldorf scheint wahrscheinlich, denn zum ersten verschwörungsideologische Autokorso am 03.03. in Bochum rief zunächst der Düsseldorfer Querdenkenableger auf. Wenig später mobilsierte dann auch “Querdenken 234” zu der von Michael Schele durchgeführten Veranstaltung. Schele ist Organisator von “Querdenken 211” aus Dortmund und wollte schon im November die “Querdenken” Kundgebung auf dem Bochumer Kirmesplatz besuchen, da er aber nur ein Kartoffelnetz als Maske trug, blieb ihm aufgrund eines unzureichenden Mund und Nasenschutzes der Zugang verwehrt. An dem Autokorso am 03.03. nahmen ca 30 Wagen teil. Auf Indymedia ist eine Artikel aufgetaucht, der die Kennzeichen der teilnehmenden Autos dokumentiert.

Ein überdemensioniertes Polizeiaufgebot, mit etlichen Motorrädern und Wannen, die sich selbst in den Korso einreihten, erschwerte die Störversuche der anwesenden Antifaschist*innen. Dennoch gelang eine kurze Sitzblockade auf der Strecke sowie das verzögern des Korsos an weiteren Stellen. Aufgrund des Polizeiaufgebot, müssen diese kleinen Störungen als Erfolg gewertet werden. Die Polizei tat alles dafür um “Querdenken” einen störungsfreien Ablauf zu ermöglichen und riskierte mehrfach durch gefährliche Fahrmanöver die Gesundheit von Gegendemonstrant*innen. Laut mehreren Berichten wurde Antifaschist*innen durch die Polizei sehr direkt mit Schlägen gedroht.
Trotzdem blieb der Gegenprotest, der sich umweltbewusst und sportlich auf Fahrrädern bewegte, während der gesamten Veranstaltung stabil und versuchte immer wieder auf die Route zu kommen.
Auch Eier sollen auf den Korso geflogen sein, was dem Gegenprotest bundesweit mediale Aufmerksamkeit einbrachte.

Die Route des Autokorsos verlief über die Dorstener Straße nach Herne und über die Bochumer Straße zurück zum Kirmesplatz. Während der ganzen Fahrt wurde aus einem Lautsprecherauto eine verschwörungstheoretische Nachricht in die Umgebung geschallt.

Es ist skandalös das einer Gruppierung wie “Querdenken”, zu deren Inhalten das ständige reproduzieren von antisemitschen Stereotypen gehört, eine Route an der neuen Synagoge vorbei gewährt wird und die Polizei ihr bestes tut, den Gegeprotest schon im Keim zu ersticken.
Non a Parole berichtete bereits im Anschluss dazu auf unserem Blog.

Querdenken Bochum befindet sich im Aufwind, der Autokorso hat bundesweit für mediale Aufmerksamkeit gesorgt (dem starken Protest sei Dank) und auch bei den Demonstrationen nehmen immer mehr Personen teil. Dementsprechend ist es nun an uns Antifaschist*innen diesen Trend zu stoppen.

Schon in der Vergangenheit haben Bochumer*innen gezeigt, dass in ihrer Stadt kein Platz für antisemitschen Verschwörungswahn ist. Entschlossen und solidarisch und unter der Berücksichtigung der besonderen Umstände durch die Coronapandemie, gelang es Bochumer Antifaschist*innen deutliche Zeichen gegen “Querdenken” und die von ihnen verbreiteten Lügen zusetzen. Daran gilt es anzuknüpfen!
Auf die Straße gegen “Querdenken” und Konsorten!