Trotz Regenwetter und der eher unattraktiven Location fanden sich am vergangenen Donnerstag etwa 50-60 Menschen vor der Wattenscheider Stadthalle ein um gegen die zentrale Wahlkampfveranstaltung der rechtspopulistischen „Alternative für Deutschland“ (AfD) im Ruhrgebiet zu demonstrieren. Zu technischen Problemen kam es offenbar beim Auftritt von Parteichef Bernd Lucke.
Auf der Kundgebung des Bündnisses „Bochum gegen Rechts“ (BgR) wurden verschiedene Redebeiträge verlesen. So berichtete ein Vertreter des städtischen Kinder- und Jugendrings, der in Bochum die Dreistigkeit hat, Rechte Ideologien beim Namen zu nennen, über Einschüchterungs- und Kriminalisierungsversuche durch die AfD. Mitglieder der „Initiative für die Entwaffnung des Bochumer Wahlkampfes“ (IEBW) informierten hier außerdem mit einem Infostand über ihre Bemühungen für eine friedliche Lösung im Bochum Wahlkampfkonflikt. In Flugblättern forderten Sie die AfD auf, ihre Waffen abzugeben und boten an, diese Wahlweise gegen D-Mark oder Reichsmark einzutauschen. Ein Mitglied der IEBW, welches sich – offenbar zum Schutz vor erneutem Schusswaffengebrauch durch AfD-Kandidat*innen – symbolisch eine kugelsichere Westen überstülpte wurde von der Polizei vorübergehend in Gewahrsam genommen. Unter derartigen Voraussetzungen und da die AfD nicht zum Tausch bereit war, muss ernsthaft über internationale Wahlbeobachtung für den 25. Mai nachgedacht werden. Sonst besteht die Gefahr bewaffneter AfD-Milizen rund um die Bochumer Wahllokale.
In der durch Hamburger Gitter abgeriegelten Stadthalle selbst fand die Wahlkampfveranstaltung der AfD mit mehreren hundert Teilnehmer*innen statt. Die Polizei hatte angekündigt, „Gesichtskontrollen“ durchzuführen. Wer „links“ aussieht kommt nicht rein, so die klare Ansage. Insbesondere Teilnehmerinnen der Kundgebung war es somit nicht möglich, sich selbst ein Bild von Lucke und Konsorten zu machen. Dies ist insofern dreist, dass es sich immer noch um eine öffentliche Veranstaltung in einem städtischen Gebäude handelte. Einlass gewährt wurde übrigens dem Mülheimer PI-News Autor Jürgen Hans Grimm. Der RUB-Langzeitstudent, der auch am Rande der Gegenkundgebung provozierte, ist uns durch geschicktes Platzieren einer Medienente im Rahmen der Anti-Erdogan-Demo am 21.03.2012 noch allzu gut in Erinnerung.
Technische Probleme bei der Saalveranstaltung
Drinnen gab sich Lucke von seiner besten Seite, forderte eine massive Zuwanderungsbeschränkung nach „Schweizer Vorbild“ und hetzte gegen einen angeblichen „Missbrauch“ von Sozialleistungen durch Migrant*innen. Glücklicherweise wurde Lucke’s Rede von einem Stromausfall unterbrochen, der die rassistische und sozialchauvinistisch Hetzte zumindest für 5 Minuten zum Schweigen brachte. Im Folgenden dokumentieren wir ein Schreiben, welches auf dem Internetportal Bo-Alterantiv erschienen ist und in unseren Augen ein Positivbeispiel an antifaschistischer Eigeninitiative darstellt:
»Am gestrigen 8. Mai veranstaltete die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) eine Wahlkampfveranstaltung in der Stadthalle in Wattenscheid. Die Halle war voll mit privater Security, Polizist*innen in Uniform und versteckt in Zivil. Die schiere Angst der AfD vor möglichen Übergriffen wurde überdeutlich, ihre selbstinszenierte Opferrolle stand damit wieder im Vordergrund. Nach eher belanglosen Reden einiger Spitzenkandidaten der AfD aus verschiedenen Ruhrgebiets-Städten betrat der Parteivorsitzende Bernd Lucke die Bühne. Zunächst stelle er seine Partei wieder als Opfer der sogenannten Antifa dar. Lucke jammerte über zerstörte Plakate und angebliche Angriffe gegen Mitglieder seiner rechten Partei. Mitten in seiner Rede verdunkelte sich die Halle und die Mikrofonanlage verstummte. Lucke wurde der Saft abgedreht! Die Aktion einiger Antifaschist*innen sorgte für große Verwirrung. Die rechtspopulistische Rede des AfD-Vorsitzenden war damit erst einmal zu Ende.
Viele Zuhörer*innen verließen daraufhin die Halle, ganze fünf Minuten dauerte es, bis die rechten Helferlein den Stromschalter endlich fanden und das Licht wieder anging. Lucke ging aber auf die Sabotageaktion mit keinem Wort ein, wahrscheinlich war es ihm peinlich, dass seine AfD plötzlich im Dunkeln stand. Er fuhr lieber mit seiner Rede fort.
Diese Aktion gegen die Rechtspopulist*innen der Alternative für Deutschland war jedoch nur der Anfang: Wir wollen der ganzen AfD den Stecker ziehen!«
Fazit: Es ist uns nicht gelungen, eine größere Anzahl an Menschen vor oder gar in die Stadthalle zu mobilisieren. Generell sehen wir den Trend, das die AfD nur von einem Teil der linken Szene als gefährlich wahrgenommen wird. Auch fänden wir es für die Zukunft richtig, neue Sprüche für die AfD auszudenken. Diese als „Nazis“ zu bezeichnen ist einfach zu platt und geht am Kern vorbei. Hier müssen wir uns selbst an die Nase fassen, da wir etwa durch Nutzung des Hashtags wie #NoNazisWat selbst zu einer solchen Vereinfachung und Relativierung beigetragen haben. Dennoch halten wir es für wichtig, bei der AfD nicht locker zu lassen und freuen uns, dass am selben Tag auch die AfD-Kundgebungen mit Lucke in Duisburg und Bottrop kritisch begleitet wurden.
Weitere Bilder der Kundgebung gegen die AfD gibt es auf Indymedia-Linksunten.