Seit der Veröffentlichung der Correctiv Recherche zu den Deportationsplänen von AfD & Co ist vielen Menschen bewusst geworden: wir müssen uns antifaschistisch organisieren, um eine AfD-Regierung zu verhindern. Neben all den Dingen, die bereits laufen haben wir für die kommenden Wochen eine Veranstaltungsreihe organisiert, die sich näher mit dem Themenkomplex Antifaschismus befasst. Mithilfe von Inputs zur Theorie des Faschismus, zu seiner Geschichte und dem antifaschistischen Widerstand bis in die heutige Gegenwart, könnt ihr euch für die kommenden gesellschaftlichen Aufgaben und Kämpfe wappnen.
12.04.24 – 19:00 Uhr: Einführung in die Faschismustheorie(n)
Anfang des Jahres kam raus, dass sich Rechtsradikale mit Konservativen und Unternehmer*innen in Potsdam getroffen hatten, um Deportationspläne zu schmieden. Danach gingen bundesweit Hunderttausende gegen Rechts auf die Straße. Viele befürchten zurecht, dass in den kommenden Wahlen in Sachsen und Brandenburg mit der AfD eine faschistische Partei zur stärksten Kraft gewählt werden könnte. Die Notwendigkeit von Antifaschismus scheint so dringend wie lange nicht.
Das führt zur Frage: Was ist mit Faschismus eigentlich genau gemeint? Eine rassistische, antisemitische, FINTA– und queerfeindliche Ideologie? Eine Rebellion der “Abgehängten”? Oder doch die Diktatur des Großkapitals? Was macht die Menschen zu Faschist*innen? Und lässt sich in der Gegenwart überhaupt noch sinnvoll von “Faschismus” sprechen, wenn die Diktaturen von Hitler und Mussolini rund hundert Jahre zurückliegen?
Um diese und weitere Fragen zu klären, gibt es einen Vortrag, der einen Überblick über Faschismustheorie(n) geben soll.
07.05.24 – 19:00 Uhr: Autoritäre und nationalistische Gesellschaftsvorstellung. Kontinuitäten vom Ruhrkampf 1920 bis in die Gegenwart.
Als die Rote Ruhrarmee im Mai 1920 geschlagen war und tausende Arbeiter*innen tot waren, war dafür nicht nur die Berliner Reichsregierung verantwortlich, sondern auch Freikorps. Freikorps waren in den 1920er Jahren fester Bestandteil eines politischen Spektrums, das eine Revision der gesellschaftspolitischen Verhältnisse forderte und einen autoritären Staat aufbauen wollten, den eine kleine Elite führen sollte. Damalige Autoren dieses Netzwerkes, das später als „Konservative Revolution“ bezeichnet wurde, verschwanden zwar nach dem Zweiten Weltkrieg, ihre Ideen erlebten aber 20 Jahre später eine Renaissance, die heute politisch agil ist und wie vor 100 Jahren eine Umgestaltung der Gesellschaft anstrebt. Wie sich diese Kontinuitäten ausdrücken und welche Gesellschaftsform sie anstreben, wollen wir uns genauer anschauen.
17.05.24 – 19:00 Uhr: Offensiv, autonom, militant – Wie die Antifa entstand! (Vortrag: Bernd Langer)
Ausgehend von der bolschewistischen Machtergreifung in Russland 1917 und dem Aufstieg des italienischen Faschismus, behandelt der Vortrag die Entstehung von Faschismus und Antifaschismus bis zur heutigen Antifa.
Der Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung in Deutschland. Hier tritt mit der Abwehr des Kapp-Putsches 1920 zum ersten Mal eine Einheitsfront gegen die radikale Rechte in Erscheinung. An diesen Erfolg wird aber nicht angeknüpft – vor allem, weil die KPD im Faschismus lediglich eine Spielart kapitalistischer Herrschaft sieht. Von der Kommunistischen Internationale wird schließlich mit der Sozialfaschismusthese eine fatale Linie verfügt, die entscheidend dazu beiträgt, dass antifaschistische Kräfte bis 1933 unvorbereitet und uneinig bleiben. Die Beschreibung der politischen Akteure und ihrer Strategien wird bis in die Zeit des II. Weltkriegs fortgeführt.
Nach dem Krieg entstanden 1949 DDR und BRD mit einem unterschiedlichen antifaschistischem Verständnis. Abgesehen von der Darstellung der staatlichen Ideologien, geht der Vortrag speziell auf den undogmatischen, militanten Antifaschismus ein, der sich in der BRD in den 1970er-Jahren herausbildete. Aus ihm entwickelt sich in den 1980er-Jahren, in Verbindung mit der Autonomen Bewegung, eine außerparlamentarisch und revolutionär ausgerichtete Antifa. Doch erst mit dem Erstarken faschistischer Kräfte nach 1989 wurde Antifaschismus zum beherrschenden Thema in der radikalen Linken, und die autonome Bewegung ging weitgehend in der Antifa auf.
Unter dem Symbol Antifaschistische Aktion versammelten sich alle, die die Ursachen des Faschismus im kapitalistischen System suchten, die Antifa als Kampf ums Ganze verstanden und die an der Idee einer anderen Gesellschaft festhielten.
24.05.24 – 19:00 Uhr: Unter Nazis – Lesung mit Jakob Springfeld
Gemeinsam mit dem Journalisten Issio Ehrich hat der Zwickauer Klima- und Antifaaktivist Jakob Springfeld ein Buch geschrieben. „Unter Nazis“ ist seine Geschichte, die Geschichte einer Zerreißprobe. Es geht um die harte Realität, auf die junge Antifaschist*innen in Städten wie Zwickau stoßen – um Drohungen, um Gewalt, um Angst. Es geht aber auch darum, dass selbst solche Städte zu progressiven Keimzellen werden können. Die Stimme der ostdeutschen Zivilgesellschaft muss lauter werden, und sie darf nicht nur nach Angriffen durch Neonazis gehört werden. Das Buch soll Warnsignal sein und Hoffnungsschimmer. Jakob Springfeld liest aus seinem Buch und kommt anschließend mit den Zuhörer*innen ins Gespräch.
04.06.24 – 19:00 Uhr: Antifa Speed Organizing!
Immer wieder bekommen auch wir Anfragen von Menschen die sich antifaschistich engagieren möchten. Eine direkte Einbindung in politische Gruppen gestaltet sich jedoch leider oftmals knifflig. Doch gerade in einer Universitätsstadt wie Bochum tummeln sich viele motivierte, stabile Menschen, die bisweilen bereits in Zusammenhängen oder andernorts aktiv waren. Ihr habt alle Ressourcen und Skills auf die wir in diesen Zeiten nicht verzichte können! Wie kann man also Menschen, die bereits in einer anderen Stadt oder vor vielen Jahren mal aktiv waren, wieder organisieren? Wir möchten in einem “Speed Organizing” den Versuch wagen, Menschen miteinander zu vernetzen, auf die genau diese Beschreibung zu trifft und die sich von einem bereits existierenden, offenen Jugendantifa-Treffen nicht angesprochen fühlen. Der antifaschiste Widerstand ist groß, bunt und vielseitig: egal ob Antifas, das Legal-Team, social media und Informatik-Gurus, Gedenk-, Theoriearbeiter*innen – ihr werdet gerade dringend gebraucht.
Kommt rum, let’s get organized!
Alle Veranstaltungen finden in der Zanke (Westring 41, 44787 Bochum) statt und werden in Kooperation mit dieser ausgrichtet.