Das Problem heißt Rassismus – Mahnwache in Gedenken an Arkan Hussein Khalaf

Arkan Hussein Khalaf

Am Samstag den 11.04.2020 brachten Antifaschist*innen aus Bochum eine Gedenkmahnwache für den in Celle ermordeten Arkan Hussein Khalaf an. Dazu bauten sie ein Ort des Gedenkens gut sichtbar gegenüber des Bochumer Hauptbahnhofs an.

 

 

 

 

 

Das Problem heißt Rassimus!

Am Abend des 7. April 2020 wurde in Celle der 15-jährige Arkan Hussein Khalaf von einem 29-Jährigen niedergestochen. Der Junge war mit dem Fahrrad unterwegs, als der Täter ihn niederstach. Das Opfer starb noch am selben Abend im Krankenhaus. Laut Polizei und Staatsanwaltschaft sei das Motiv bisher unklar – der Täter sei zur Tatzeit “verwirrt” gewesen.
Doch Taten wie diese geschehen nicht wie laut Polizei und Presse “aus dem Nichts” heraus! Hinter ihnen steckt ein System und häufig eine krude Ideologie, die es zu benennen gilt: Rassismus.

In Deutschland hat die Einordnung rassistischer Straftaten als bloße Meinungsverschiedenheit oder der Täter*innen als “verwirrte Einzeltäter” lange Tradition:
Über zehn Jahre konnte der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) unentdeckt Menschen ermorden. Statt ein rechtes Motiv zu vermuten, wurde lieber gegen migrantische Communities ermittelt. Für die Taten des über hundert Personen starken Netzwerks wurde letztlich eine handvoll Personen belangt.
Im Juni 2019 wurde der CDU-Politiker Walter Lübcke auf seiner eigenen Terrasse erschossen. Auch hier wurde zunächst nicht von einem rassistischen Motiv ausgegangen. Der Täter jedoch ist gut vernetzt in die deutsche Neonazi-Szene und handelte aus Hass auf Geflüchtete und deren Unterstützer*innen. In beiden Fällen sind Teile wichtiger Untersuchungsakten vernichtet worden, sodass eine lückenlose Aufklärung der Beteiligten nicht mehr möglich ist.
Keine zwei Monate ist der terroristische Anschlag im hessischen Hanau her. Der Täter tötete neun Menschen, denen er einen Migrationshintergrund zuschrieb. Auch hier wurde ein rassistisches Motiv zunächst geleugnet und stattdessen über die psychische Stabilität des Täters spekuliert, was von AfD bis Neonazis dankend übernommen wurde. Diese und weitere Beispiele ziehen sich durch die Geschichte der BRD. Rassistische Morde häufen sich – ein echter gesellschaftlicher Aufschrei blieb bisher aus. Nach oberflächerlicher Anteilnahme kehrt Deutschland immer wieder zum Alltagsgeschäft zurück und wartet darauf ,dass der nächste rechte Täter zuschlägt. Minderheiten werden mit Trauer, Wut und Angst nach kürzester Zeit allein zurückgelassen.

Rassismus aber ist keine Meinung und auch keine Krankheit, sondern eine tödliche Ideologie! Die Wahl der Opfer erscheint willkürlich, ist jedoch keinesfalls zufällig: Rassist*innen töten aus Hass auf all jene, die nicht in ihr Weltbild passen wie Migrant*innen, Geflüchtete und Menschen, die sich solidarisch mit diesen zeigen. Häufig verbinden sich mit Rassismus noch weitere extrem rechte Einstellungen und Feindbilder. Dabei ist nicht auszuschließen, dass eine psychische Erkrankung vorliegt. Eine psychische Erkrankung macht Menschen jedoch nicht zu Mörder*innen.
Rassist*innen und andere Rechtsterrorist*innen töten weder aus Verwirrung, noch tun sie es losgelöst von rechten Netzwerken. Ob sie sich in extrem rechten Vereinen, Parteien und Sportgruppen oder auf Social Media und anderen digitalen Kanälen organisieren: Sie alle sind gut vernetzt und brandgefährlich.

Gerade jetzt dürfen wir nicht zulassen, dass die Berichterstattung über und die Beschäftigung mit Covid-19 Ereignisse wie dieses Hassverbrechen überschattet. Rassist*innen warten nicht, bis die Krise vorbei ist. Unsere Solidarität ist jetzt gefragt!
Arkan Hussein Khalaf kam 2015 mit seiner Familie nach Deutschland. Die Familie überlebte den vom Islamischen Staat verübten Genozid an Jezid*innen im Irak. Unser aufrichtiges Beileid gilt den Angehörigen des Verstorbenen. Wir möchten mit dieser stillen Gedenkaktion ein Zeichen setzen – gegen Rassismus und für eine offene und solidarische Gemeinschaft. Zünde auch Du eine Kerze im Gedenken an Opfer von Rassismus und Rechtsterrorismus an und zeige, dass Taten wie diese nicht vergessen werden dürfen!

Englisch:

The problem is called racism!

On the evening of 7th April 2020 the 15 year old Arkan Hussein Khalaf was stabbed by a 29 year old man. The boy was driving home on his bike when the offender stabbed him. The victim died of his injuries in hospital the same evening. Police and prosecution say the motive is still unclear – the perpetrator seamed to be „confused“ during the attack.
But actions like this one don‘t happen, as police and press claim, „out of nowhere“! They have a system and crude ideology that needs to be named: racism.
In Germany, the classification of racist offenses as just a disagreement between two parties or of the racist offenders as „confused single offenders“ has a long tradition:
Over ten years the National-Socialist Underground (NSU) could undetectedly murder people. Instead of suspecting an extreme right motive, migrant communities were suspected first. For the murderous actions of the over a hundred people strong network only a handful of people got prosecuted.
In June 2019 the conservative politician Walter Lübcke was shot in his own patio. No racist motive was suspected either. However, the perpetrator is well networked with the German neonazi-scene and acted out of hatred against refugees and their allies. In both cases relevant parts of the files were destroyed so that a complete clarification is not possible anymore.
Not even two months ago there was a terrorist attack in Hanau, Hesse. The perpetrator killed nine people he ascribed an immigration background to. Even in this case a racist motive was denied firstly and instead, it speculated about the perpetrators mental health, which was thankfully adopted by the AfD and neonazis. These and other instances run through the history of the FRG. Racist murders are becoming more frequent – a genuine outcry of society is still absent. After few superficial condolences the German society soon returns to everday business and is waiting for yet another right-wing attack. Minorities are left with grief, anger and angst.

But racism is no opinion or sickness. It is a deadly ideology! The choice of the victims seems arbitrary, but it is not random: Racists kill out of hatred against all those who don‘t fit into their conception of the world like migrants, refugees or those who stand in solidarity with them. Moreover, racism is often combined with other extreme right attitudes and enemy images. A mental illness is not precluded, but it does not make one a murderer.
Racists and other extreme right terrorists neither kill out of confusion, nor do they kill detached from a right-wing network. Whether organized in right-wing associations, parties, sports groups or on social media and other digital media: they all are well networked and dangerous.

Especially now we should not let the media coverage about Covid-19 overshadow incidents like this hate crime. Racists do not wait until the crisis is over. Our solidarity is demanded now!
Arkan Hussein Khalaf and his family fled to Germany in 2015 after surviving the genocide against Yezidi minority groups in Iraq committed by the Islamic State.
Our thoughts and prayers are with the relatives of the deceased. We want to set an example of silent commemoration for the deceased – and for an anti-racist, open and solidary society. Light a candle in remembrance of the victims of racism and right-wing terrorism and demonstrate that they should never be forgotten!