Wenn am 13. September die Wahllokale öffnen, ist dies für viele Menschen einer der wenigen Momente, in denen sie das Gefühl haben, mitbestimmen zu dürfen. Doch für uns ist Politik mehr als alle paar Jahre ein Kreuz auf dem Wahlzettel zu setzen. Unser Kampf wird täglich geführt, er ist vielseitig und emanzipatorisch. Daher werden wir am Vorabend der Kommunalwahl ein deutliches Zeichen für eine sozial gerechte Gesellschaft setzen. Schließt euch uns an!
Demokratie muss antifaschistisch sein!
Wir Antifaschist*innen aus Bochum und dem Rest der Welt haben ein gemeinsames Ziel: Wir wollen eine Welt, in der niemand aufgrund von Äußerlichkeiten, Herkunft, Geschlecht, Sexualität oder anderen Merkmalen diskriminiert wird. Für uns ist Antifaschismus daher der Grundpfeiler einer jeden demokratischen Gesellschaft, denn er vereint alle emazipatorischen Bewegungen und fordert die universelle Durchsetzung der Menschenrechte.
Daher sehen wir es als unsere Pflicht an, nicht nur heute auf der Straße oder morgen in den Wahlkabinen für eine demokratische und antifaschistische Gesellschaft einzustehen, sondern jeden einzelnen Tag. Wie es unsere Genoss*innen nach der Befreiung aus dem Buchenwalder Konzentrationslager geschworen haben, schwören wir es auch heute: Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel!
Die in weiten Teilen offen faschistische AfD sorgt seit ihren Anfängen für eine Verrohung der Sprache und eine enorme Diskursverschiebung nach rechts. Statt hierin eine Gefahr zu erkennen, greifen Politiker*innen aller Couleur die Forderungen der AfD auf und suchen bereitwillig das Gespräch. Hierdurch werden Rassismus, Sexismus und Holocaustrelativierungen sowie Gewalt gegen Andersdenkende wieder salonfähig gemacht und von den Politiker*innen der sog. “Mitte” auch noch gestützt.
Die Geschichte der BRD beweist vielfach, dass aus solchen Worten Taten folgen. Nicht nur die Faschisten Höcke und Kalbitz sowie der Rest des zum Schein aufgelösten “Flügels” sind die geistigen Brandstifter*innen. Zu ihnen gesellen sich auch die angeblich gemäßigten Kader der Partei und ihre Sympathisant*innen. Die rechtsterroristischen Morde, nicht nur der jüngsten Vergangenheit und die vergelichsweise geringe Skandalisierung derselben, beweisen immer wieder, dass die Gefahr von rechts nicht ernst genug genommen wird.
Gegen den klassistischen und rassistischen Normalzustand
Der Kapitalismus ist nicht daran interessiert, dass alle Menschen an ihm teilhaben können. Für die Aufrechterhaltung der Klassengesellschaft ist die Ausbeutung der arbeitenden Klasse notwendig. Es kann nur ein “Oben” geben, wenn und weil es ein “Unten” gibt. Mit den verfügbaren finanziellen Ressourcen gehen auch Chancen politischer Partizipation einher. Die kapitalistische Verwertungslogik und das mit ihr einhergehende neoliberale Konkurrenz- und Leistungsdenken spaltet nicht nur die Gesellschaft, sondern führt auch zu einer Entpolitisierung. Demokratische Partizipation ist für uns nur möglich, wenn tatsächlich alle Menschen die gleichen Chancen haben, sich zu beteiligen. Umverteilung ist daher für uns genau so notwendig, wie die Vergesellschaftung der Schlüsselindustrien und die Zerschlagung kapitalistischer Monopole. Niemand kann frei sein, solange es nicht alle sind und kapitalistische Zwänge führen zwangsläufig in die Unfreiheit.
Wir wenden uns gegen die rassistische und postkolonialistische Grenzpolitik der EU; wir widersprechen und mischen uns ein, wenn Menschen auf der Suche nach einem besseren Leben von der europäischen Grenzschutzagentur zum Sterben an den Außengrenzen der Festung Europa zurück gelassen werden. In einer gerechten Welt können sich alle Menschen unabhängig von ihrem Pass oder dem Ort ihrer Geburt frei bewegen, für eine solche Welt kämpfen wir. Daher können und wollen wir es nicht hinnehmen, dass täglich Menschen im Mittelmeer ertrinken und Seenotrettung nicht nur kriminalisiert sondern auch aktiv von der EU und der deutschen Regierung verhindert wird. Dass Menschen in Lagern versklavt oder ermordet werden und die EU diese Gefängnisse finanziert, dass Mittelmeerinseln zu riesigen Freiluftgefängnissen umfunktioniert werden, ist ein Verbrechen wider die Menschlichkeit. Wir fordern, dass Bochum seinem Namen als sicherer Hafen gerecht wird und zur Rettung von Menschen auf der Flucht beiträgt.
Wir verurteilen den alltäglichen Rassismus hier in Deutschland wie auch anderswo. Solange BIPoC nicht selbstverständlich als unsere Mitbürger*innen akzeptiert werden, Angst vor rassistischer Gewalt durch rechtsextreme Täter*innen, die Polizei oder andere Mitbürger*innen haben müssen und marginalisiert werden, leben wir in einer rassistischen Gesellschaft. Wir erwarten von allen Menschen Sensibilität für die eigenen Privilegien und internalisierten Rassismen sowie Zivilcourage bei rassistischen Übergriffen im Alltag.
Nicht nur in den USA, auch in Bochum und Umgebung sind migrantisierte Menschen immer wieder rassisitischen Angriffen der Polizei ausgesetzt. Doch auch ohne diese eklatanten Probleme im Bochumer Polizeipräsidium gehört die Polizei abgeschafft, denn eine Behörde, die der Leitung eines Mannes untersteht, der seine Verstrickungen in den NSU-Komplex nie widerlegen konnte, hat in einer progressiven Gesellschaft keinen Platz.
Eine Stadt für all’ ihre Bewohner*innen
Menschen mit Behinderung werden im Alltag und von der Politik nur selten mitgedacht und gehören immer noch nicht zum alltäglichen Stadtbild. Das fängt bei getrenntem Unterricht an und zieht sich über schlechte Repräsentation in den Medien bis hin zu nicht-barrierefreien öffentlichen Räumen fort. Wir finden, dass Krankheit kein Stigma sein sollte, sondern Teil der Normalität. Wir fordern daher eine inklusive Stadt, die den Belangen und Voraussetzungen aller Bürger*innen gerecht wird.
Auch Wohnungslosigkeit ist in Bochum ein Problem: Notschlafstellen und eine Verdrängung von wohnungslosen Menschen aus dem Blick der Öffentlichkeit sind keine adäquaten Mittel, um eine Stadt zu schaffen, in der Menschen gut leben können. Leerstand und Kapitalisierung des Menschenrechts auf Wohnen können nicht weiter hingenommen werden. Bochum hat Platz für all seine Bewohner*innen, eine Versorgung mit Wohnraum darf nicht an den Kapitalinteressen von Vonovia und Co. scheitern.
Bochum ist eine Stadt mit großem kulturellen Angebot und vielen zivilgesellschaftlichen Initiativen, darunter auch viele feministische und queere Orte. Dennoch kommt es auch in Bochum immer wieder zu Übergriffen auf Frauen und LGBTIQA+. Wir fordern, dass niemand aufgrund von Geschlecht oder Sexualität diskriminiert wird und dass die Stadt Bochum ein sicherer Raum für alle Menschen wird.
Eine Stadt für alle Menschen bedeutet für uns auch eine Stadt, die Platz für alternative Verkehrskonzepte hat. Hierzu zählt nicht nur die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs, sondern auch der Ausbau von Fahrrad-Infrastruktur, einen kostenfreien öffentlichen Personennahverkehr und eine autofreie Innenstadt. Die Stadt von morgen kann sich nicht weiter so fortbewegen wie vorgestern.
Warum wir am Abend vor der Kommunalwahl dazu aufrufen
Das Ergebnis der Kommunalwahl entscheidet, ob Bochum es schafft, seinen Beitrag zu einer sozial gerechten, klimafreundlichen, emanzipatorischen und antifaschistischen Gesellschaft beizutragen. Bei jeder Wahl entscheidet sich, ob wir uns auf den Weg zu einem guten Leben für alle in dieser Stadt machen und ob es uns gelingt, dem faschistischen und nationalistischen Bodensatz dieser Gesellschaft zu zeigen, dass sie in Bochum und anderswo unerwünscht sind. Schließt euch unserer Demo an für ein gerechteres Bochum und eine gerechtere Welt!
Heraus zur Vorabenddemo! Alle zusammen gegen den Faschismus und soziale Ungleichheit! Bochum bleibt stabil.
12.09.2020 | 18 Uhr | Bochum Hbf (Kurt-Schumacher-Platz)
Antifaschistische Aktion Bochum