Nachdem sich der Vorsitzende der FDP-Fraktion in Thüringen Thomas Kemmerich am 05. Februar 2020 mit wissentlicher Unterstützung der AfD in das Amt des Ministerpräsidenten Thüringens hieven ließ, wird in Politik und Medien zurecht von einem unverzeihlichen Dammbruch gesprochen. Die offene Kooperation mit Höcke und seinen Faschisten ist jedoch lediglich ein Offenbarungseid, denn wie Höcke in einem Schreiben an Thomas Kemmerich vom 1. November 2019 (Quelle: MDR) betont, gibt es inhaltlich große Schnittmengen zwischen beiden Seiten (und der CDU), was eine menschenfeindliche Abschottungspolitik und eine gnadenlose, neoliberale Wirtschaftspolitik anbelangt.
Die Bochumer FDP um Olaf in der Beek und die extreme Rechte
Wir, als Bochumer Antifaschist*innen beobachten das politische Geschehen in unserer Stadt sehr genau und sind nicht überrascht über die Zusammenarbeit zwischen FDP und AfD. Warum dies so ist, möchten wir erläutern:
Zunächst gibt es in Bochum den FDP-Bundestagsabgeordneten und Kreisvorsitzenden Olaf in der Beek, der sich wie seine Partei gerne einen weltoffenen und toleranten Anstrich verpasst. Tatsächlich war in der Beek jedoch Ende der 80er Jahre Burschenschafter bei der rechten Landsmannschaft Ubia Brunsviga Palaeomarchia im Coburger Convent zu Bochum. Durch das lebensbündische Prinzip ist er nun „Alter Herr“ dieser Landsmannschaft und hält diesen ultrakonservativen und nationalistischen Kreisen die Treue. Seit 2018 ist der gewaltbereite Ex-Hooligan und Identitäre Bastian Hans Mitglied dieser Landsmannschaft und stieg dort sogar in den Rang eines Chargierten auf. Über einen Ausschluss dieser Personen nach Bekanntwerden dieses Skandals wurde nie etwas bekannt. Weiterhin besuchte in der Beek den umstrittenen Aufmarsch rechter Burschenschafter seines Dachverbandes Coburger Convent in Coburg am 19./20. Mai 2018 und lief dort mit. Er besuchte zudem das Stiftungsfest seiner Landsmannschaft in Bochum am 3. Mai 2019. Dafür hatte er seine Kontakte aus dem Bundestag spielen lassen und für den Abend Graf Lambsdorf als Referent in das Gasthaus Goeke nach Bochum geladen. Vielsagend ist auch, dass der AfD-Politiker Knuth Meyer-Soltau, der ansonsten Hooligans und zumindest einen gewaltbereiten Neonazi aus Bochum (Andre Zimmer) vor Gericht vertrat, ebenfalls Mitglied dieser Landsmannschaft ist. Noch interessanter ist jedoch, dass sich in der Beek vor der Gaststätte an diesem Abend mit dem AfD-Politiker in trauter Runde freundschaftlich unterhielt, wie Fotos belegen.
Und zumindest noch eine pikante Verbindung pflegt in der Beek zum extrem rechten Rand. In der Adventszeit 2018 schickt der ultrarechte AfD-Flügler Hansjörg Müller eine aussagekräftige Postkarte, die in schwarz-weiß-rot gehalten ist und den faschistoiden Spruch in Frakturschrift: „Gedenke, dass du ein Deutscher bist“, enthält. Adressiert ist diese an Olaf in der Beek. Ganz ähnlich wie beim Dammbruch in Thüringen geht der AfDler auf Tuchfühlung mit dem ihm wohlbekannten FDPler: „Leiden sie auch so unter den Wortmeldungen der Linken in unserem Hohen Hause?“ Dies hörte er wiederum von Klaus Riegert (CDU), der ebenfalls Burschenschafter war.
Hansjörg Müller ist Alter Herr (ehem. Burschenschafter) der rechtsextremen Turnerschaft Germania Dresden, die ebenfalls im Coburger Convent organisiert ist – was er gerne unterschlägt. Er hetzt massiv gegen Geflüchtete, Linke, sprach bereits bei Pegida und ist selbst in der AfD am extrem rechten Rand angesiedelt. Müller ist Ehrenvorsitzender des AfD-Mittelstandsforum für Deutschland, während in der Beek im Bundesvorstand des FDP-Pendants „Liberaler Mittelstand“ ist. Die Interessenlage Beider ist also ähnlich:
„Hauptsache gegen Links“, ob nun aus faschistischer oder neoliberaler Motivation – genau wie in Thüringen. Am 8. November 2018 hob der Bundestag die Immunität in der Beeks auf, um gegen ihn ein Strafverfahren zu führen. Worum ist dabei ging, ließen sowohl in der Beek, als auch Bundestag offen. Vor einigen Tagen geriet in der Beek unter Beschuss, weil er Mitglied einer der antisemitischen BDS-Kampagne nahestehenden Organisation war. Auf öffentlichen und internen Druck hin drohte er damit, diese Organisation bei einer Nicht-Distanzierung zu verlassen.
FDP und AfD auch in Bochum auf Kuschelkurs
Dann ist da noch der Bochumer FDPler Manfred Baldschus, der in der Bezirksvertretung Bochum-Süd sitzt. Dieser fiel bereits häufiger durch rassistische Äußerungen in der Bezirksvertretung auf und auch sein Facebook-Profil ist vielsagend. Wie gerne würde er endlich wieder N*küsse und Z*schnitzel sagen dürfen. Zu seinen Facebook-Freunden zählen die AfDler: Markus Scheer, Christian Krampitz, Udo Fischer oder Guido Reil. Wie passend, dachte sich der Ex-AfDler Sebastian Marquardt aus Bochum und schloss sich Baldschus in der Bezirksvertretung-Süd im November 2018 an. So bilden beide seitdem die nationalliberale Fraktion „FDP & Friends“.
Getrennt marschieren, vereint schlagen
Nein, wir sind nicht überrascht, dass Marktradikale und Faschist*innen im Hintergrund gemeinsame Sache machen und bereits Netzwerke bilden. Ihre Motivation mag unterschiedlich sein, die Bekämpfung der Linken ist jedoch der vereinende Moment. In diesem Sinne halten sie es wie der preußische General Graf von Moltke: Getrennt marschieren, vereint schlagen.
RechercheBO
08.02.2020